SRF News: Vater der umstrittenen Parkplatzgebühr ist ausgerechnet ein Regierungsrat der rechten Partei Lega, Umwelt- und Verkehrsdirektor Claudio Zali. Die Lega ist sonst eher autofreundlich. Weshalb will Zali trotzdem eine Parkplatzgebühr einführen?
Gerhard Lob: Das ist in der Tat eine etwas kuriose Situation. Zali hat sich seit seinem Amtsantritt den Verkehrsproblemen des Kantons angenommen, verfolgt in dieser Sache aber eher eine grüne Politik. Er ist überzeugt, dass mit einer Verknappung und Verteuerung der Parkplätze ein Teil der gravierenden Verkehrsprobleme gelöst werden kann. Die Lega ist keine Partei mit Statuten und Parteiprogramm. Zumindest der offizielle Teil seiner Partei unterstützt Zali. Mit den Grünen und der SP bildet die Lega so eine unheilige Allianz.
Detailhändler und Wirtschaftsverbände sind dagegen. Die Lega steht im rechtsbürgerlichen Lager alleine da.
Es ist eine Umkehrung von allem, was wir bisher mit der Lega im Tessin erlebt haben. Denn früher ergriff die Lega das Referendum, sobald es darum ging, eine neue Steuer einzuführen. Sie galt als die Anti-Steuer-Partei.
Die Gegner der Parkgebühr haben das Referendum ergriffen. Sie sagen, eine Gebühr reduziere die Verkehrsbelastung nicht.
Es sind vor allem die Detailhändler, die sich wehren. Sie befürchten, dass noch mehr Schweizer und Schweizerinnen zum Einkaufen nach Italien fahren werden. Diese Angst ist verständlich, die Situation der Detailhändler schwierig.
Am Sonntag stimmen die Tessiner und Tessinerinnen über die Vorlage ab. Hat sie überhaupt eine Chance?
Dank der Gebühren-Idee wird nun laut über mögliche Lösungen für das gravierende Verkehrsproblem nachgedacht.
Ich rechne nicht mit einem Ja zu den Parkgebühren im Kanton Tessin. Damit ein Referendum zustande kommt, braucht es 7000 Unterschriften, die Gegner der Gebühr sammelten deren 24'000. Die Nein-Kampagne ist massiv. Plakate mit Karikaturen, auf denen den Tessinern das Geld aus der Tasche gezogen wird, sind überall zu sehen. Zudem steht die Lega zusammen mit den Grünen und der SP politisch ziemlich auf verlorenem Posten. Die CVP hat Stimmfreigabe beschlossen und die SVP ist dagegen. Sogar die FDP steht inzwischen auf der Seite der Gegner, obwohl sie die Gebühr im Parlament noch unterstützt hatte. Die Chancen stehen also eher schlecht.
So oder so hat Verkehrsdirektor Zali mit der Idee einer Gebühr etwas ins Rollen gebracht.
Ja, es wird nun darüber nachgedacht, wie man gegen das gravierende Verkehrsproblem des Kantons vorgehen könnte. Selbst wenn die Gegner glauben, dass eine Gebühr nicht ans Ziel führt, erhält Zali für den Denkanstoss auch von ihnen Beifall.
Das Gespräch führte Lukas Mäder.