Schloss Hallwyl gehört zu den bekanntesten Schlössern im Aargau. Seit 1994 ist das Wasserschloss im Besitz des Kantons. Damals verschenkte Graf Michael von Hallwyl den Familiensitz. Heute wohnt der 77-Jährige in Bayern. Er erinnert sich gerne, wie er als Knabe die ihm unbekannten Gemäuer durchstöberte. Der Adel und die Familie von Hallwyl sind Teil des Kulturprojekts «Wilhelmina – Fest der Künste».
SRF News: Was bedeutet Ihnen der Grafentitel?
Graf Michael von Hallwyl: Auf der einen Seite bin ich stolz darauf, auf der anderen Seite nicht. Nicht stolz zu sein überwiegt. In den gesellschaftlichen Hierarchieebenen kommt der Grafentitel am unteren Ende vor: an elfter von 13 Stellen. Er ist also nicht von grosser Bedeutung. Ich verwende den Titel im Alltag überhaupt nicht. Für mich ist er in erster Linie eine Reflexion in die Vergangenheit. Ein Beweis, dass sich meine Vorfahren vor allem im Mittelalter im politischen aber in erster Linie im militärischen Bereich in und ausserhalb der Schweiz hervorgetan und ausgezeichnet haben.
Viele von Hallwyl waren Offiziere in fremden Diensten bei Franzosen, Preussen und in ganz Europa.
Sogar bis nach Russland und im Unabhängigkeitskrieg in Amerika. Der Titel ist für mich daher ist ein steter Ansporn, in die Stapfen meiner erfolgreichen Vorfahren zu treten. Wichtiger ist für mich aber das Adelsprädikat «von», da es den direkten Bezug der Familie zum Abstammungsort verdeutlicht. Ich habe in meiner Berufstätigkeit aber immer nur mit «Hallwyl» unterschrieben, weil ich glaube, dass das vollkommen ausreicht. Man muss nicht gegenüber anderen immer beweisen, dass man etwas Besonders ist. Als Graf ist man ein Bürger wie jeder andere auch.
1994 schenkten Sie den Stammsitz Ihrer Familie dem Kanton Aargau. Warum verschenkten sie das Schloss? Sie hätten es auch verkaufen und damit Geld machen können.
Das Schloss wurde 1256 erstmals urkundlich erwähnt, bestand aber sicherlich schon vorher. Es war immer im Besitz der Familie. Meine Grosstante Wilhelmina hatte 1924 im Rahmen einer Stiftung vorgegeben, dass das Schloss immer der Öffentlichkeit zugänglich sein muss und als Denkmal der Familie zu unterhalten ist.
Ein Verkauf wäre unmoralisch gewesen und kam mir nie in den Sinn.
Der Unterhalt eines solchen Juwels verschlingt aber enorme Summen. Weil die Familie Hallwyl und auch ich nicht über die Mittel dazu verfügen, habe ich mich schweren Herzens entschieden, das Objekt von nationaler Bedeutung dem Kanton zu schenken. Ein Verkauf – wenn überhaupt möglich – wäre tief verwerflich und unmoralisch gewesen und kam mir nie in den Sinn. Jetzt ist das Schloss in den besten Händen.
Ausgehend vom Schloss findet nun im August das Kulturprojekt statt. In den Unterlagen dazu heisst es, Schloss Hallwyl sei «ein romantischer Sehnsuchtsort». Ist es das in Ihrer Erinnerung auch?
Ja, ich habe grosse und schöne Erinnerungen. In den 50er-Jahren kam ich aus Namibia nach Europa. Und als mein Vater damals an den Bodensee zog, war das nicht allzu weit weg vom Kanton Aargau. Wann immer es eine Gelegenheit gab in die Schweiz zu fahren, besuchten wir Schloss Hallwyl.
Als Junge war es für mich hochromantisch, in die zum Teil noch dunklen und verstaubten Räume einzudringen. Der Gefängnisturm war für mich besonders aufregend und als Gegenstück natürlich auch der Rittersaal. Es ist und war ja kein Schloss im herzoglichen Sinne, sondern eher eine Raubritterburg, die es ja heute noch ist und dadurch seinen besonderen Charme hat.
Das Gespräch führte Stefan Ulrich.