Die Radio- und Fernsehgebühren sollen künftig pro Haushalt erhoben werden und nicht wie bisher pro Empfangsgerät. An diesem Systemwechsel hält der Nationalrat in seiner heutigen Abstimmung fest. Allerdings beharrt er auch auf seiner Idee, dass vereinzelt Haushalte bis fünf Jahre nach Einführung der neuen Abgabe von derselben befreit werden können (so genanntes «Opting-Out»). Danach muss die Gebühr flächendecken bezahlt werden.
«Gerechtigkeit zählt mehr als Effizienz»
Damit sind die Differenzen mit dem Ständerat nicht bereinigt. Die kleine Kammer hatte sich gegen das «Opting-Out» ausgesprochen und verlangt, dass die Gebühr pro Haushalt ohne Ausnahmen erhoben wird. Er war damit der Vorlage des Bundesrats gefolgt.
Das «Opting-Out» sorgte in der grossen Kammer denn auch für Gesprächsstoff. Markus Lehmann (CVP/BS) hatte sich der Meinung des Ständerates angeschlossen. Die Umsetzung des neuen Systems würde in der Mitte stehenbleiben, sagte er. Die Anmeldepflicht für Haushalte würde zwar eliminiert, das System bleibe aber geräteabhängig. Die Kontrollen, die dann dazu kämen, bedeuteten einen grossen Aufwand. Bei der Administration sei in den nächsten fünf Jahren keine Verbesserung zu erwarten.
Für ein «Opting-Out» sprach sich dagegen Kurt Fluri (FDP/SO) aus. Die Gerechtigkeit für den Einzelnen sei staatspolitisch höher zu gewichten als die Effizienz. Bei den Personen ohne Empfangsgeräte handle es sich vorwiegend um ältere Leute. Daher sei die Kontrolle relativ einfach. Und da die Zahl der Betroffenen abnehme, sei die Befristung auf fünf Jahre angemessen und richtig.
Weitere Differenzen geklärt
Medienministerin Doris Leuthard appellierte noch einmal vergebens an die Räte, auf das «Opting-Out» zu verzichten und auf die Linie des Ständerats zu schwenken. Sie zeigte sich enttäuscht, dass sich die Nationalräte sperrten, ohne eine bessere Lösung anzubieten. «Das heutige System ist nicht zukunftstauglich, es ist ungerecht und bürokratisch.» Letztlich blieb der Entscheid klar; mit 110 zu 74 Stimmen sprach sich der Nationalrat für das «Opting-Out» und somit gegen den Ständerat aus.
Ausgeräumt hat der Nationalrat zwei andere Differenzen. Auf die Linie des Ständerats eingeschwenkt ist er bei der Frage, wie hoch die Gebührenanteile für private Radio- und Fernsehstationen sein sollen. Der Nationalrat sprach sich mit 112 zu 71 Stimmen gegen den Willen von SVP, BDP und Teilen der FDP nun für 4 bis 6 Prozent aus, nachdem er zunächst für 4 bis 5 Prozent plädiert hatte.
«Dieses eine Prozent ist von grosser Bedeutung für private Radio- und Fernsehstationen», sagte Markus Lehmann (CVP/BS). Laut Bundesrätin Doris Leuthard geht es dabei um maximal 14 Millionen Franken, die dadurch mehr ausbezahlt werden.
Ebenfalls für die Variante des Ständerats hat sich der Nationalrat bei der Verwendung der Überschüsse aus dem Gebührensplitting – laut Leuthard geht es um rund 45 Millionen Franken. Mit 98 zu 90 Stimmen sprach er sich dafür aus, dass diese für die Aus- und Weiterbildung von Angestellten sowie zur Förderung neuer Verbreitungstechnologien verwendet werden sollen.
Vorlage noch lange nicht vom Tisch
Der Bundesrat hatte vorgeschlagen, dass die Überschüsse an die Gebührenzahler zurückerstattet werden – pro Haushalt wären das etwa 14 Franken. Eine Minderheit angeführt von Natalie Rickli (SVP/ZH) machte sich vergeblich für diese Variante stark.
Damit geht die Vorlage mit einer Differenz an den Ständerat zurück. Doch selbst wenn die Räte diese bereinigt haben, ist die Änderung des Radio- und Fernsehgesetzes (RTVG) noch nicht in trockenen Tüchern.
Unter anderem der Gewerbeverband hatte in der Vergangenheit bereits mit dem Referendum gedroht. Er wehrt sich dagegen, dass künftig Unternehmen ab einem Jahresumsatz von 500'000 Franken eine geräteunabhängige Abgabe zahlen müssten. Die GLP kündigte bereits an, das Geschäft deswegen in der Schlussabstimmung abzulehnen. Zudem laufen derzeit die Sammelfristen für zwei Volksinitiativen, welche die Abschaffung der Billag-Gebühren für Radio und Fernsehen fordern.