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Agrarpolitik 2022+ Dem Bauernverband geht es zu schnell

Die Reformvorschläge stossen auf Kritik. Zu viel, zu schnell und administrativ nicht mehr zu bewältigen, heisst es.

Die Schweizer Landwirtschaft soll marktorientierter werden, aber vielfältig bleiben, unternehmerischer als heute und zugleich umweltfreundlicher.

All diese Ziele verfolgt der Bund mit der Agrarpolitik 22+, die ab 2022 gelten soll. Das Konzept umfasst 160 Seiten, es soll dereinst mit rund 3,5 Milliarden Franken pro Jahr umgesetzt werden.

Breit abgestützte Vernehmlassung

Jetzt läuft die Vernehmlassungsfrist zur AP22+ ab. Mehr als 350 Parteien, Verbände und Organisationen haben sich zu den Vorschlägen des Bundesrats geäussert – von der IG Weidemilch bis zum Städteverband, von «Ärztinnen für Umweltschutz» bis zum Verband der Schweizerischen Zementindustrie.

Das sagen die Parteien zur Agrarpolitik 2022+

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SVP: Sie begrüsst, dass der Rahmenkredit von 13'915 Millionen Franken zugunsten der Landwirtschaft für vier Jahre beibehalten und der Grenzschutz fortgesetzt werden soll. Die geplanten Änderungen am System der Direktzahlungen hingegen kritisiert die Partei. Auch die vorgeschlagene Lockerung des Bodenrechts, wonach Genossenschaften, Stiftungen oder Quereinsteiger landwirtschaftlichen Boden erwerben könnten, lehnt die SVP ab.

FDP: Die FDP hingegen begrüsst die Lockerung des Bodenrechts. Diese schaffe unternehmerischen Freiraum und fördere Innovation, so dass der Quereinstieg in die Landwirtschaft vereinfacht werde.

CVP: Die Partei ist der Ansicht, dass die Agrarpolitik 2022 die bisherige Landwirtschaftspolitik in verschiedenen Bereichen vollkommen umkrempeln würde. Dies geht der Partei zu weit. Sie befürchtet, dass dadurch die Rechtsunsicherheit für die Landwirtschaftsbetriebe massiv erhöht würde. Ebenfalls werde der administrative Aufwand der Bauern und der Kantone durch die Revision vergrössert, so die CVP.

SP: Als einzige grosse Parteie hat sich die SP Schweiz noch nicht zum bundesrätlichen Entwurf geäussert. Sie wolle dies zu einem späteren Zeitpunkt noch tun, liess die Partei verlauten.

BDP: Die BDP zeigt sich in erster Linie erstaunt darüber, dass das Projekt Agrarpolitik 2022+ nur wenig neue Massnahmen zur marktgerechten Ausrichtung der Landwirtschaft enthalte.

Grüne : Nach Ansicht der Grünen liefert die AP22+ keine ausreichenden Antworten auf künftige Herausforderungen, insbesondere im Bereich des Umweltschutzes. Die Massnahmen zum Schutz von Umwelt, Klima und Biodiversität seien ungenügend, so die Partei. Auch werde keine Antwort auf die hängigen Pestizid-Initiativen geliefert.

So vielfältig die Interessengruppen, so widersprüchlich die Kritik und die Vorschläge, die sie an den Plänen des Bundesrats anbringen. Das sei kaum mehr überblickbar, seufzt Markus Ritter, Präsident des Schweizerischen Bauernverbandes.

Sind all die Vorschriften umsetzbar?

Schon die 160-seitige Vorlage des Bundesamtes für Landwirtschaft sei viel zu kompliziert. Allein damit habe man eine Grenze erreicht, «um all die Vorschriften und Vorgaben überhaupt noch umsetzen zu können», so Ritter.

Kühe schauen in die Kamera.
Legende: Die Landwirtschaftspolitik ist grossen Veränderungen ausgesetzt. Die Kühe kümmert das wenig. Imago

So müsste etwa jeder Bauer künftig für seinen Hof eine eigene Biodiversitätsplanung vornehmen. Und jede Region müsste eine detaillierte Landwirtschaftspolitik ausarbeiten.

Das führe zu einem derart grossen administrativen Aufwand, dass man ihn nicht mehr bewältigen könnte, befürchtet Ritter. Das betreffe nicht nur den einzelnen Bauern, sondern auch den Vollzug in den Kantonen.

Abgespeckte Vorlage angestrebt

Trotzdem fordert der Bauernverband nicht einfach den Abbruch der Übung. Vieles in der AP22+ gehe in die richtige Richtung, ist Ritter überzeugt. So unterstütze man die Anreizprogramme für einen vorsichtigeren Einsatz von Pflanzenschutzmitteln.

Das ist eine Art indirekter Gegenvorschlag zur Trinkwasserinitiative, die nur noch Bauern unterstützen will, die gar keine Pestizide einsetzen.

Grundsätzlich brauche die Landwirtschaft Zeit für Veränderungen, betont Markus Ritter. Die aktuelle Agrarpolitik gelte erst seit fünf Jahren – «da sollten wir nicht schon wieder alles auf den Kopf stellen».

Deshalb will sich der Bauernverband dafür einsetzen, dass der Bundesrat die AP22+ deutlich abspeckt, bevor er die Botschaft dazu dem Parlament vorlegt.

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