Gut zwei Jahre ist es her, da half Travail Suisse, die Dachorganisation der Arbeitnehmenden, kräftig mit, die Unternehmenssteuerreform III an der Urne zu versenken. Nun aber verteidigt deren Präsident und SP-Nationalrat Adrian Wüthrich das überarbeitete Gesetzespaket. Diesmal brächten die zwei Milliarden Franken zusätzlich für die AHV den nötigen sozialen Ausgleich.
Auch gebe es keine Steuergeschenke an die Grosskonzerne. Im Gegenteil, so Wüthrich: «Die grossen Unternehmen werden effektiv mehr bezahlen, weil sie gewisse Privilegien verlieren.» Und die neuen Steuererleichterungen kämen allen Firmen zugute. Vor allem seien sie international akzeptiert. «Diese Anpassung ist wichtig, damit in der Schweiz Arbeitsplätze und Steuereinnahmen möglichst erhalten werden können. Das hilft am Schluss der ganzen Gesellschaft.»
Ein «vernünftiger Kompromiss»
Tatsächlich hat sich einiges verändert seit dem Nein im ersten Anlauf 2017. Im Vergleich zu damals ist die Wirtschaft bereit, auf eine ganze Reihe von Vorteilen zu verzichten. Zum Beispiel bei der Besteuerung der Dividenden: Aktionärinnen und Aktionäre müssen neu Erträge aus grösseren Firmenbeteiligungen beim Bund höher versteuern. In den Kantonen gibt es dazu ebenfalls strengere Regeln.
Die Wirtschaft habe in diesem Punkt eingelenkt, bestätigt Hans-Ulrich Bigler, FDP-Nationalrat und Direktor des Schweizerischen Gewerbeverbands: «Es ist richtig, die KMU haben in diesem Bereich Konzessionen gemacht», räumt er ein. Trotzdem spricht Bigler von einer fairen und ausgewogenen Gesamtlösung. «Das ist ein vernünftiger Kompromiss, wie er in unserem Land vielfach gewählt wird.»
Gegner warnen vor Steuerausfällen
Entscheidend sei für Bigler, dass dabei der Firmenstandort Schweiz attraktiv bleibe: «Das bedeutet auch für die KMU ein günstiges Steuerklima.» Nicht zuletzt dadurch, dass im Zuge der Reform viele Kantone ihre ordentlichen Steuersätze für sämtliche Firmen senken wollen – die grossen und die kleinen.
Allerdings stören sich die Gegner der Vorlage auf der linken und grünen Seite genau daran. Sie warnen vor Steuerausfällen für die öffentliche Hand.
Doch Wüthrich will primär vorankommen bei den Reformen: «Lieber den Spatz in der Hand als die Taube auf dem Dach», sagt der Gewerkschafter. Er klingt dabei – für einmal – ähnlich wie sein bürgerlicher Nationalratskollege Bigler. Das ist kein Zufall, sondern zumindest ein Zeichen dafür, dass sich sowohl Arbeitnehmer- als auch Arbeitgeber-Vertreter bewegt haben bei dieser Abstimmungsvorlage.