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Warum das Ja zur STAF? Der «Kuhhandel» als notwendiges Übel

Der «Kuhhandel» funktioniert. Eine deutliche Mehrheit von Befragten will am 19. Mai bei der AHV-Steuervorlage (STAF) Ja stimmen. Als «Kuhhandel» bezeichnen die Gegner den STAF-Kompromiss. Er verheisst der Rechten die Zustimmung der Linken für die Unternehmenssteuerreform und der Linken das OK der Rechten für zwei zusätzliche AHV-Milliarden.

Demokratisch fragwürdig

Für die Stimmbürger bedeutet diese Verknüpfung, dass sie entweder zu beidem Ja oder zu beidem Nein sagen können, aber nicht dem einen zustimmen und das andere ablehnen.

Demokratisch ist das fragwürdig, denn es schränkt die freie Äusserung des politischen Willens des Einzelnen ein. Aber politisch scheint sich der Deal bei der kommenden Volksabstimmung auszuzahlen.

Ja aus unterschiedlichen Gründen

Die neueste Befragung zeigt, warum es funktioniert. Dank der Verknüpfung ist es den Befürwortern gelungen, sich höchst unterschiedliche Argumente zu Nutze zu machen: Wer Ja stimmen will, tut dies laut der zweiten SRG-Umfrage nämlich, damit die Schweiz dank der Steuerreform «für Unternehmen attraktiv bleibt» oder er tut es, damit sich die «Rentensicherheit für alle» verbessert.

Vor zwei Jahren gab es diese Verknüpfung nicht. Anfang 2017 lehnte das Stimmvolk die Unternehmenssteuerreform III ab und ein halbes Jahr später die Reform der Altersvorsorge. Bei der einen Abstimmung verlor die Rechte, bei der anderen die Linke. Die schlechte Erfahrung beider Seiten führte letztlich zum jetzigen Kompromiss.

Verknüpfung sollte Ausnahme bleiben

Etwas Entscheidendes kommt hinzu, das für ein Ja in der kommenden Volksabstimmung spricht: Die Dringlichkeit. In der Stimmbevölkerung scheint sich nämlich die Auffassung durchzusetzen, dass mit der STAF zwei nicht mehr länger aufschiebbare Probleme auf einen Schlag gelöst oder entschärft werden könnten: Die angespannte Situation der AHV-Finanzen und das Gebot, dass die Schweiz die Steuerprivilegien für international tätige Holdings abschafft. Dieses Argument der Dringlichkeit bringt die Umfrage klar zum Ausdruck.

Anderseits zeigt sich aber auch, dass die Kritik der Gegner Anklang findet, die STAF sei ein «Kuhhandel». Somit ist die SRG-Umfrage übers Ganze gesehen so zu deuten, dass eine Mehrheit die Verknüpfung der beiden Fragen angesichts der Dringlichkeit akzeptiert, ein solcher Deal aber die Ausnahme bleiben sollte.

Fritz Reimann

Bundeshauskorrespondent, SRF

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Fritz Reimann ist Bundeshauskorrespondent von SRF in Bern. Bis 2006 war er USA-Korrespondent in Washington vom Schweizer Fernsehen.

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