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Alleinerziehend & Sozialhilfe «Ich finde es schrecklich, dass ich Hilfe brauche»

Die jüngste Sozialhilfestatistik zeigt: Vor allem Alleinerziehende sind armutsgefährdet. Eine Betroffene berichtet.

Junge Frau mit braunen Locken.
Legende: Rahel V. lebt mit ihrer Tochter im Grossraum Zürich. SRF/ZVG

Rahel V. ist 30 Jahre alt und seit einem Jahr alleinerziehend. Trotz eines 60-Prozent-Jobs ist sie seit März 2017 auf die Sozialhilfe angewiesen – denn ihr Lohn erreicht nicht das Existenzminimum und ihr Expartner verweigert die Unterhaltszahlungen für ihre einjährige Tochter.

SRF News: Warum sind Sie auf die Sozialhilfe angewiesen?

Rahel V.: Bevor meine Tochter zur Welt kam, arbeitete ich Vollzeit und mein Lohn lag über dem Existenzminimum. Danach reduzierte ich auf 60 Prozent. Vom Vater meines Kindes war ich zu diesem Zeitpunkt bereits getrennt. Er zahlt keinen Unterhalt. Weil wir keinen Unterhaltsvertrag vereinbart hatten, bekomme ich auch keine Alimentenbevorschussung. So musste ich auf die Sozialhilfe zurückgreifen. Ich gehe nun jedoch vor Gericht und werde den Unterhalt einklagen.

Wie fühlt es sich an, von Sozialhilfe abhängig zu sein?

Für mich ist es sehr schlimm, weil es nicht mein eigenes Verschulden ist. Mein Umfeld ist vor allem darüber erschüttert, dass der Kindsvater seinen Pflichten nicht nachkommt und ich deshalb Sozialhilfe beziehen muss. Mein Lohn alleine genügt nicht. Ich bin eine sehr selbständige Person und finde es schrecklich, dass ich Hilfe von jemandem brauche. Wenn ich Vollzeit arbeiten würde, würde das Geld wahrscheinlich reichen. Aber das möchte ich meinem Kind nicht antun. Ich bin selbst bei einer Tagesmutter gross geworden und ich hätte lieber gerne mehr von meiner Mutter gehabt als häufige Ferien.

Spürt Ihre Tochter, dass sie anders ist als andere Kinder?

Sie ist erst ein Jahr alt und leidet bisher nicht darunter. Ich rauche nicht und fahre kein Auto und so komme ich gut zurecht mit dem Geld. Natürlich kann ich mir keine Ferien oder grossartige Geschenke leisten – aber es genügt. Als erstes würde ich ohnehin bei mir sparen. Dann esse ich halt nur noch Nudeln mit Sauce. Aber niemals würde ich an meiner Tochter sparen.

Wo ist Ihre Tochter, wenn Sie arbeiten?

Auch bei einer Tagesmutter. Die Kosten dafür übernimmt das Sozialamt.

Welche Art von Unterstützung der Behörden wäre in Ihren Augen sinnvoll – sinnvoller gar als Geld?

Im Moment lebe ich in einer kleinen, schimmligen Wohnung. Ich würde gerne ein Kinderzimmer für meine Tochter haben. Doch ich darf einen Maximalbetrag für die Wohnung nicht überschreiten. Ausserdem hilft einem niemand bei der Suche. Hier würde ich mir Hilfe wünschen – jemanden, der mich im Alltag besser unterstützt.

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