Es gibt nur noch zwei Appenzeller Konditoren, welche die originalen Chlausebickli herstellen. Chlausebickli sind bunt verzierte Lebkuchen, die auf einem hölzernen Gestell aufgeschichtet werden. Fünf- oder sechseckige, kegelförmige Gestelle mit den Chlausebickli sind dann die sogenannten Chlausezüüg.
Chlausezüüg sind eine Appenzeller Eigenheit der Advents- und Weihnachtszeit. Grosseltern, Patenonkel oder Tanten, Eltern oder andere Verwandte schenkten die Chlausebickli den Kindern. Es galt: je mehr Chlausebickli, desto mehr Prestige. Diese wurden zu Hause zwischen Fenster und Vorfenster ausgestellt – auch aus praktischen Gründen: Zu Zeiten ohne Kühlschrank und Frischhaltefolie blieben sie so lange frisch.
Hinter einem Chlausebickli steckt viel Arbeit
Einer der zwei Konditoren, der die originalen Lebkuchen noch herstellt, ist Reto Laimbacher. Der Appenzeller führt ein Café mit Confiserie und die älteste Zuckerbäckerei des Dorfes. Der Betrieb besteht seit 150 Jahren.
Er lebt die Tradition der Chlausebickli des Brauchtums wegen. Das sei viel Arbeit, deshalb sagt Laimbacher: «Wenn eine Firma kommt und 50 Chlausebickli will, sage ich Nein. Es ist etwas Spezielles. Die Firma kann 1000 Biber haben, aber mit den Bickli kann sie nichts anfangen, weil sie kulinarisch nicht so sind wie Biber. Es hat einen ganz anderen Stellenwert.»
Etwa 30 Franken für ein Stück
Die bunten Verzierungen mit Motiven wie der Geburt Christi, dem Chlaus mit Esel oder einem spielenden Kind mit Schneemann werden noch von Laimbacher selbst und dessen Schwiegereltern in aufwändiger Handarbeit gemalt. Bis zu 1500 Bickli produziert die Confiserie von September bis Anfang November.
Lange vor dem Christbaum kannte man in Appenzell den Chlausezüüg. Noch zu Beginn des 20. Jahrhunderts soll diese Tradition wohl etwa ähnlich stark verbreitet gewesen sein wie heute jene des Christbaums. Die beschenkten Kinder sammelten die Bickli, bis der Chlaus kam, das Holzgestell brachte und die Bickli aufgeschichtet werden konnten. Je nach Familientradition wurden die Lebkuchen dann an Weihnachten oder erst nach Neujahr gegessen.
Eine Tradition, die lebt
Heute werden die Chlausebickli vom Chlausezüüg aber nicht mehr verzehrt, sondern als Dekoration aufgestellt. Die Tradition der imposanten Pyramiden erlebe einen Aufschwung, merkt Konditor Reto Laimbacher: «Die Einheimischen verschenken es, auch bei jungen Familien, die vielleicht ein Chlausezüüg geerbt haben. Die Chlausebickli halten für 15 Jahre.»
Der Chlausezüüg wird auf einen Holznapf mit Dörrbirnen und Baumnüssen gestellt. Äpfel und sogenannte «Dewiisli», kleine Schmuckbilder aus Mehlteig und ein kleiner Christbaum als Spitze runden das prächtige Bild ab. Eine Dekoration, die für den Verzehr wohl zu schön ist.