- Am 24. September stimmen wir über die Reform der Altersvorsorge ab.
- Die wichtigsten Punkte der Vorlage: 70 Franken mehr für Neurentner, Kürzung der Pensionskassen-Renten und Rentenalter 65 für Frauen.
- Sozialminister Alain Berset hat die Abstimmungskampagne eröffnet. Auch die Gegner stecken ihre Positionen ab.
Die Menschen werden immer älter und die geburtenstarke Babyboomer-Generation kommt ins Rentenalter oder ist es schon. Deshalb sei eine Rentenreform jetzt unverzichtbar, sagt Sozialminister Alain Berset. Und er meint, das Paket, das zur Abstimmung komme, sei ein pragmatisch guter Weg, um das Problem endlich anzugehen.
Im Falle eines Nein wird sich rasch ein milliardenschwerer Schuldenberg auftürmen.
«Es ist ein guter Kompromiss: Er sichert die Renten für das nächste Jahrzehnt, und er sichert das Niveau der Renten in Franken und Rappen für die Menschen», sagt Berset. Es gehe um ein Altern in Würdem, und das sei ein grosses Versprechen der Schweiz.
Umstrittenes «Zückerchen»
Ein besonders umstrittener Teil des Pakets ist die Erhöhung der AHV-Renten um 70 Franken pro Monat. Die SP, die Grünen und auch die bürgerliche Mitte finden die Erhöhung angemessen, weil auch die Pensionskassen-Renten gesenkt würden: Und zwar spürbar. Für 100'000 Franken Sparkapital in der Pensionskasse soll es künftig nämlich nur noch 6000 Franken Rente im Jahr geben, statt 6800 Franken wie bisher.
Vor allem die junge Generation wird die grossen Lasten der AHV tragen müssen.
Für die Reform-Gegner von FDP und SVP ist das Paket genau wegen den 70 Franken kein akzeptabler Kompromiss. Die St. Galler FDP-Ständerätin Karin Keller-Sutter sagt es so: «Das ungerechteste ist der Rentenausbau von monatlich 70 Franken – nur für Neurentner. Bestehende Rentner profitieren nicht, müssen aber über die Mehrwertsteuer mitbezahlen.»
Dazu komme, dass vor allem die junge Generation die grossen Lasten der AHV werde tragen müssen. Zudem schaffe das Paket keine Rentensicherheit, sondern vergrössere die Finanzierungsprobleme der AHV schon sehr bald. Deshalb sei keine Reform besser als die vorgeschlagene: «Das Problem ist: 2035 wird das Loch so gross sein, dass nicht einmal mehr Rentenalter 67 ausreichen wird, um es zu stopfen.»
Alain Berset sieht das ganz anders: Nichtstun wäre fatal, sagt der Sozialminister, «denn wir haben schon heute ein Defizit, das sich in den nächsten Jahren nur noch vertiefen wird. Im Falle eines Nein wird sich rasch ein milliardenschwerer Schuldenberg auftürmen.»
Ein weiterer Streitpunkt ist die Erhöhung des Frauenrentenalters auf 65 Jahre. Die bürgerlichen Gegner sind eigentlich dafür, aber im Paket hänge selbst diese Massnahme schief. Rhetorisch fragt Karin Keller-Suter: «Wollen wir die Frauen ein Jahr länger arbeiten lassen, um diesen Ausbau zu finanzieren?»
Ein Rückschritt für die Frauen?
Von Links wird die Kritik am höheren Rentenalter grundsätzlich. Für einen Teil der gewerkschaftlichen Linken vor allem in der Westschweiz ist die Erhöhung ein inakzeptabler Sozialabbau.
Berset entgegnet im Clinch zwischen linker und rechter Kritik: Mit dem höheren Rentenalter müssten die Frauen tatsächlich einen Rückschritt in Kauf nehmen – aber sie profitierten auch von Verbesserungen: «Die Erhöhung der AHV-Rente ist eine sehr starke und direkte Unterstützung für Frauen, die gar keine oder nur eine kleine 2. Säule haben.
Deshalb sei die Reform auch für die Frauen ein guter Kompromiss. Sieben Jahre nach Reformstart und drei Monate vor der Abstimmung beginnt im Doppelsinn die letzte heisse Sommerdebatte zur Altersreform 2020.