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Altes Quartier in neuem Glanz Telli-Wohnblöcke: Hunderte zogen wegen «endloser» Sanierung aus

Es ist schweizweit ein wohl einzigartiges Projekt. Während drei Jahren wurden in Aarau die markanten Telli-Wohnblöcke aus den 1970er-Jahren umfassend saniert – während die Leute drin wohnten. Nach Abschluss der Arbeiten ziehen Mietende und die Verantwortlichen eine zwiespältige Bilanz.

Käthi Märki wohnt in den Telli-Hochhäusern, seit die Überbauung existiert – also bereits seit über 40 Jahren. Sie lebt gerne hier und wollte trotz der Grosssanierung der Wohnblöcke keinesfalls wegziehen. Der Entscheid verlangte ihr allerdings viel Durchhaltewillen ab. Nach Abschluss der dreijährigen Bauarbeiten freut sie sich nun über die neue Wohnqualität, gibt aber auch zu, dass es eine belastende Zeit war.

Ältere Dame liest Zeitschrift an einem Tisch in Wintergarten
Legende: Seit fast 50 Jahren Telli-Bewohnerin: Käthi Märki freut sich nach einer anstrengenden und langen Bauphase über die neue Wohnqualität im Telli. SRF/Mario Gutknecht

Zunächst sei sie noch begeistert gewesen, den grossen Umbau so hautnah mitverfolgen zu können , erzählt Märki. Wie Bauarbeiter ihren Balkon per Kran abmontierten und einen neuen anbrachten, das sei schon eindrücklich gewesen. «Mit der Zeit habe ich aber langsam genug gehabt, die Bauerei dauerte schon lange», ergänzt die Pensionärin.

Die «Staumauer»: Ein spezielles Aarauer Kulturgut

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Schwarzweissbild der Baustelle
Legende: 1972 entstand die erste Überbauung in der Telli. Der vierte und letzte Teil wurde 1992 fertiggestellt. Keystone/Photopress-Archive/STR

Nachdem die Telli-Siedlung in den 70er Jahren gebaut worden war, erhielt sie in der Region Aarau schnell den wenig charmanten Spitznamen «Staumauer». Tatsächlich erinnern die vier länglichen hohen Wohnblöcke etwas an eine Talsperre. Allerdings wurde das Quartier rasch beliebter in Aarau. Einerseits waren die Mieten günstig und die Wohnungen – im Vergleich zu engen Altstadtwohungen – eher geräumig. Dazu wurde im Quartier ein ganzes Einkaufszentrum gebaut, rund um die Siedlung ist eine grüne Parkanlage und es gibt ein aktives Quartierleben. Heute ist die Siedlung mit vier Blöcken ein Kulturgut von regionaler Bedeutung.

Zwei der vier Telli-Hochhäuser wurden nun generalüberholt. Bei der Sanierung ging es vor allem um energetische Massnahmen. So wurde die Fassade neu gedämmt und zigtausende Fenster ausgetauscht. Ausserdem wurden die Hochhäuser sicherer gegen Erdbeben. Neben diesen Massnahmen auf Gebäudeebene gab es für einige Wohnungen grössere Balkone und andere Sanierungsmassnahmen. Die Axa-Anlagestiftung investierte rund 150 Millionen Franken in die Sanierung.

Zu Beginn der Arbeiten sagten die Verantwortlichen, es sei eines der komplexesten Sanierungsprojekte der Schweiz. Die darum, weil die Häuser weiterhin bewohnt waren während des Umbaus. Die Arbeiten mussten sehr genau terminiert werden.

Der ständige Lärm, Staub und Dreck sowie die umbaubedingten Einschränkungen machten Märki zu schaffen. Besonders anstrengend seien die zwei Monate ohne Lift gewesen: «Das war wirklich eine harte Zeit.» Beim Wäschewaschen zum Beispiel musste man die Wäsche die Treppe hinunter und hinauf tragen, erzählt sie gegenüber SRF und ergänzt lachend: «Wenigstens ist man ein bisschen fitter geworden in dieser Zeit.»

Mit der Zeit habe ich aber langsam genug gehabt, der Umbau dauerte schon lange.
Autor: Käthi Märki Bewohnerin Telli-Hoch

Ähnlich wie Käthi Märki ging es rund 1500 anderen Telli-Bewohnerinnen und Bewohnern. Baulärm von 8 bis 17 Uhr: Mitten in der Corona-Pandemie, als viele Leute zu Hause arbeiteten, war das besonders anstrengend. Dazu mussten alle Mietparteien zwei Wochen temporär aus der Wohnung ausziehen, während die Fenster ausgetauscht wurden. Möbel und Einrichtung blieben in dieser Zeit verpackt und vor Staub geschützt in den Zimmern.

Nicht alle haben die Belastung durchgehalten, sagt Manuela Gnehm von der Axa-Anlagestiftung, der Eigentümerin der Wohnblöcke. Gnehm ist Projektleiterin des Umbaus und denkt, viele hätten den Umbau wohl etwas unterschätzt: «Am Anfang haben noch viele Mietparteien gesagt, dass sie bleiben. Mit der Zeit haben sie doch gemerkt, was auf sie zukommt und sind vereinzelt ausgezogen. Wir hatten etwa einen Leerstand von 30 Prozent.»

Mit der Zeit haben die Leute gemerkt, was auf sie zukommt.
Autor: Manuela Gnehm Projektleiterin Umbau der Axa-Anlagestiftung

Insgesamt seien etwa 400 von rund 1500 Mieterinnen und Mieter während des Umbaus ausgezogen, ein Drittel der Mieterschaft, bilanziert Gnehm zum Abschluss der Arbeiten. Zwischenzeitlich habe es 30 Prozent Leerstände in den Telli-Blöcken gegeben. Aktuell stehen von den 581 sanierten Wohnungen noch etwa 20 leer. Die Umzüge dürften auch mit den höheren Mieten zusammenhängen.

Frau in sanierter Wohnung vor SRF-Mikrofon
Legende: Einige Mietparteien, die am Anfang bleiben wollten, zogen doch noch aus. Es habe vereinzelte Wechsel gegeben, sagt Manuela Gnehm von der Axa-Anlagestiftung. SRF

Für die Sanierung investierte die Axa-Anlagestiftung rund 150 Millionen Franken. Sie kündigte zudem an, deswegen die Mieten zu erhöhen, sowohl für neue als auch für bestehende Mietverhältnisse. Je nach Wohnung bewegt sich die Erhöhung zwischen 50 und 500 Franken.

Die Erhöhungen erfolgten sehr moderat und individuell, betonte eine Axa-Sprecherin in der «Aargauer Zeitung» . Ausserdem lägen die Mieten in den sanierten Telli-Häusern immer noch unter dem Marktdurchschnitt. Und: Dank der Sanierung könnten die Nebenkosten um bis zu 60 Prozent gesenkt werden.

Frau liest Zeitschrift auf Balkon
Legende: Käthi Märki geniesst nach der anstrengenden Sanierung nun ihren grösseren Balkon und die schöne Aussicht. SRF

Trotzdem: Die langjährige Mieterin Käthi Märki wechselte aufgrund der Mieterhöhung in eine kleinere Wohnung. Da sie nun hier aber einen viel grösseren Balkon mit tollem Ausblick habe, sei sie mehr als zufrieden. Aus ihrer persönlichen Sicht hat es sich gelohnt, die Strapazen der dreijährigen Sanierung auszuhalten.

Schweiz Aktuell, 25.08.2023, 19:00 Uhr ; 

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