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Ambri mit Fusio verbinden Maggiatal: Seilbahn statt Tunnel

Statt eines Tunnels soll eine Seilbahn gebaut werden. Das Maggiatal soll damit auch für Einwohnerinnen und Einwohner wieder attraktiver werden.

Darum geht es: Eine Seilbahn soll das Maggiatal im Tessin besser für Touristen und Einwohnerinnen erschliessen. Geplant ist eine Seilbahn, die von Ambri-Piotta in der Leventina aus nach Fusio ins oberste Maggiatal, der Lavizzara, führt. Die Seilbahn würde rund acht Kilometer lang und soll eine Stundenkapazität von rund 200 Personen haben. Künftig wäre es für Besucherinnen und Besucher von ennet dem Gotthard also möglich, in Airolo den Zug zu verlassen, im Postauto nach Ambri-Piotta zu fahren, dort die Seilbahn zu nehmen und schon wäre man in Fusio. Dort wiederum ginge es je nach Ziel weiter mit dem Postauto das Maggiatal hinunter.

Pendel-Seilbahn: Geplant ist eine Pendelbahn zwischen Ambri-Piotta und Fusio mit zwei grossen Kabinen, die 60 Personen Platz bieten. Der Scheitelpunkt – also der höchste Punkt – der Bahn wäre auf rund 2500 M.ü.M. Dabei liegt Ambri-Piotta auf rund 1000 M.ü.M, Fusio auf 1280 M.ü.M.. Die Fahrtzeit betrüge rund 18 Minuten. Die Bahn von der Leventina ins Lavizzara würde die derzeit längste Pendelbahn der Welt. Das Projekt wurde im letzten Oktober vom Kanton Tessin in den Richtplan aufgenommen, jetzt wurde die Bevölkerung im Maggiatal über das rund 33 Millionen Franken teure Projekt informiert. Die seit längerem kursierende Idee wird also konkreter.

Die Seilbahn würde wohl tatsächlich mehr Menschen ins obere Maggiatal bringen, die womöglich auch hier leben würden.
Autor: Martina Kobiela Journalistin bei der «Tessiner Zeitung», lebt im oberen Maggiatal

Das Ziel der Bahn: Neben einer besseren verkehrstechnischen Anbindung für Touristen aus dem Norden – bislang können das Maggiatal und die Lavizzara nur via Locarno erreicht werden, was verglichen mit der geplanten Bahn einen Umweg von über 100 km bedeutet – erhofft sich die Kantonsregierung, durch die Bahn neues Leben ins Maggiatal zu bringen. Viele der jungen Einwohnerinnen und Einwohner wandern aus dem abgelegenen Tal ab, wenn sie erwachsen werden. Denn das Maggiatal ist bislang eine verkehrstechnische Sackgasse. Und die Fahrt von Fusio nach Locarno dauert im Auto eine Stunde, mit dem Postauto noch länger.

Wieder Leben ins Tal bringen

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Die Journalistin Martina Kobiela lebt im Lavizzara. Sie sagt: «Man sieht immer mehr verlassene Häuser hier, die meisten Restaurants sind nur im Sommer geöffnet, wenn die Touristen kommen, um der Hitze von Locarno zu entfliehen. Manche Restaurants haben sogar für immer geschlossen, weil sie keine Nachfolger finden. Die Seilbahn würde wohl tatsächlich mehr Menschen ins obere Maggiatal bringen, die womöglich auch hier leben würden.»

Die Pläne des Kantons: An der Informationsveranstaltung für die Bevölkerung wurden die konkreten Pläne des Kantons publik. Demnach soll die Seilbahn vollständig ins ÖV-Netz eingebunden werden. Das bedeutet: Die Bahn fährt das ganze Jahr über, und das von frühmorgens bis spätabends. Entsprechend würden die Postauto-Anschlüsse in Ambri-Piotta und Fusio dem Seilbahn-Fahrplan angepasst. Das würde wohl bis zu stündliche Postauto-Kurse von Fusio nach Locarno bedeuten. Derzeit fährt das Postauto die Strecke hin und zurück nur rund fünfmal pro Tag. Und: Frühestens könnte die Seilbahn wohl 2028 in Betrieb gehen.

Tunnel ohne Chance: Seit Jahrzehnten im Gespräch war auch ein Autotunnel zwischen der Leventina und dem Lavizzara. Damit wäre das obere Maggiatal sogar ganzjährig und innert kürzester Zeit von Ambri-Piotta aus mit Auto oder Postauto erreichbar. Allerdings gehen Schätzungen davon aus, dass ein solcher Tunnel weit über 100 Millionen Franken kosten würde. Deshalb kommt ein Tunnel für die Tessiner Kantonsregierung definitiv nicht infrage. Ausserdem wollen die Menschen in der Leventina auf keinen Fall einen Tunnel ins Maggiatal. Sie leiden schon jetzt massiv unter dem Nord-Süd-Transitverkehr.

Es gibt auch Kritik am Seilbahn-Projekt

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Wenig Freude am Seilbahnprojekt zeigt die Tessiner Sektion des VCS (Verkehrsclub der Schweiz). Er findet, dass die Geldmittel der öffentlichen Hand, welche für die Anbindung des Maggiatals an den öffentlichen Verkehr ausgegeben wird, woanders besser eingesetzt seien. Die Vollkosten für den Betrieb (Seilbahn, Postauto-Anschlüsse) werden mit rund zwei Millionen Franken pro Jahr veranschlagt – minus die Einnahmen der verkauften Billette.

Die Argumentation: Eine so hohe Subvention durch öffentliche Gelder könnte beispielsweise mit einem Ausbauprojekt des ÖV in einer städtischen Agglomeration irgendwo in der Schweiz viel mehr Menschen etwas bringen, als den wenigen Menschen im Maggiatal, so der VCS.

SRF 4 News aktuell, 13.3.2024, 08:50 Uhr ; 

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