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Analyse zur Rentenreform Das Killerargument: 70 Franken mehr AHV für alle Neurentner

Vor rund zwei Wochen hat das Stimmvolk die Altersvorsorge 2020 an der Urne bachab geschickt. Jetzt ist klar, warum.

Am 24. September hat das Schweizer Stimmvolk die Rentenreform mit 52,7 Prozent abgeschmettert. Jetzt, rund zwei Wochen danach, ist auch klar, weshalb.

Der 70-Franken-AHV-Zuschlag für Neurentner war das Zünglein an der Waage. Zu diesem Schluss kommt Michael Hermann vom Institut Sotomo, welches im Auftrag der SRG eine Analyse zur Abstimmung über die Altersvorsorge 2020 durchgeführt hat.

Für 39 Prozent der Nein-Stimmenden waren die 70 Franken zusätzlich das Hauptmotiv gegen die Vorlage. Für nur 5 Prozent der Ja-Stimmenden war es ein gewichtiges Argument dafür.

Wer hätte die 70 Franken bekommen sollen?

Doch: Die 70-Franken-Zulage war ursprünglich ein Goodie der Befürworter. Diese hatten die Idee, die Vorlage damit mehrheitsfähig zu machen. Am Schluss waren die 70 Franken jedoch das Hauptmotiv der Gegner, warum die Vorlage abgelehnt werden sollte. «Das ist die Tragik der Vorlage», sagt Michael Hermann.

Wäre die Vorlage ohne die 70 Franken für Neurentner denn durchgekommen? So einfach ist es trotzdem nicht: «Es war das falsche Instrument, um eine Ausgewogenheit zu erreichen. Besser wäre gewesen, die 70 Franken nur Bedürftigen zuzusprechen. Oder allen, nicht nur den Neurentnern. Das Geld hätte bedarfsgerechter verteilt werden müssen», ist Hermann überzeugt.

Sotomo hat im Nachgang der Abstimmung rund 14'000 Personen zu ihren Beweggründen für ein Ja oder ein Nein befragt. Bei den Befürwortern haben drei Argumente den Ausschlag gegeben. Sie waren zum einen überzeugt, dass es dringend eine Reform brauche. Zudem hielten sie die Vorlage für einen guten Kompromiss. Und auch das Argument, dass durch die Vorlage die AHV gesichert werden könne, hat gefruchtet.

Weniger klar waren die Motive der Gegner. Hier gab es gleich sechs (siehe Grafik oben), welche für die Nein-Stimmenden ausschlaggebend waren. Neben der 70-Franken-Zulage überzeugten unter anderem das Argument, dass mit der Vorlage nicht hätte gespart werden können.

Wie haben die Jungen und die Frauen abgestimmt, welche am meisten von der Reform betroffen gewesen wären? Bei den Frauen war der Nein-Stimmenanteil leicht höher als bei den Männern. Bei den Jungen war der Fall klarer: Sie haben die Vorlage deutlicher abgelehnt als die älteren Stimmbürger.

Linke stören sich an höherem Frauenrentenalter

35 Prozent der Frauen, die gegen die Reform stimmten, taten dies vor allem wegen der Erhöhung des Frauenrentenalters. Bei den Männern waren dies nur 9 Prozent. Dennoch ist bei den Frauen die Ablehnung des 70-Franken-Zuschlags mit 36 Prozent Nennungen ein ebenso wichtiges Motiv wie die Rentenalterfrage.

Die Motive bei den Altersgruppen waren sehr unterschiedlich. Vor allem Personen, welche bereits im Rentenalter sind, haben sich am 70-Franken-Zuschlag gestört. Wenig überraschend haben die jungen Stimmenden die Vorlage als eine Reform zulasten der Jungen wahrgenommen und sie deshalb abgelehnt.

Bei den Parteien zeigt sich ein wenig überraschendes Bild: Wer eher rechtsbürgerlich stimmte, übernahm die Argumente, welche vor allem die Nein-Stimmenden überzeugten. Wer links stimmte, übernahm diejenigen der Befürworter. Bei den SP- und Grünen-Wählern war die Erhöhung des Frauenrentenalters jedoch ein gewichtiges Argument, ein Nein in die Urne zu legen. Hingegen waren FDP-Wähler zu einem grossen Teil der Meinung, es brauche eine Reform. Der «AHV-Zuschlag nach dem Giesskannenprinzip» fiel zudem bei vielen CVP-Wählern durch.

Die Informationen zur Befragung

Die Zusatzanalyse zur Abstimmung über die Altersreform 2020 vom 24. September wurde im Rahmen einer Vorwahlbefragung von SRG SSR zwischen dem 28. September und dem 2. Oktober 2017 vom Institut Sotomo in Zürich durchgeführt. 14'063 Personen haben sich an der Umfrage beteiligt. Rund die Hälfte, 7058, wurden aus der Sotomo-Datenbank rekrutiert, die anderen 7005 Befragten antworteten über die Internetseiten von SRF SSR. Rund 90 Prozent aller Antworten konnten für die Auswertung berücksichtigt werden. Die Fehlerquote bei den Befragungen liegt bei 2,2 Prozent.

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