Wenn Energiekonzerne neue Kraftwerke planen, müssen sie mit Widerstand rechnen. So teilte der Bund kürzlich mit, dass das temporäre Reservekraftwerk in Birr AG nicht weiterbetrieben, sondern zurückgebaut wird. Die Bevölkerung lehnte sich gegen das Projekt auf – aus Angst vor Lärm und wegen der CO₂-Emissionen.
Der Hafen ist ein ideales Gelände. Es gibt keine Anwohner in Sicht- oder Hörweite.
Mit Gegenwehr rechnete die Axpo auch in Muttenz BL, wo ebenfalls ein Reservekraftwerk geplant ist. Aber: Die Bevölkerung ist gegenüber dem Riesenprojekt erstaunlich gelassen, wie sich an einem öffentlichen Informationsanlass zeigte.
Sollte der Strom in der Schweiz knapp werden, sollen künftig fünf Reservekraftwerke einspringen. Diese plant der Bund gemeinsam mit Energieunternehmen. Das grösste soll im Auhafen am Rhein in Muttenz entstehen: Die Anlage wird eine Fläche von 10'000 Quadratmetern umfassen und im Notfall Strom für 600'000 Haushalte liefern.
«Der Hafen ist ein ideales Gelände», sagt Andi Burri, Projektleiter bei der Axpo, und ergänzt: «Es ist eine Industriezone. Es gibt keine Anwohner in Sicht- oder Hörweite.» Als Brennstoff ist zunächst CO₂-neutraler Biodiesel vorgesehen, später soll E-Methanol zum Einsatz kommen. Geschätzte Kosten für den Bau: ein mittlerer dreistelliger Millionenbetrag.
Informationsanlass ohne Proteste
Das sind entscheidende Vorteile gegenüber anderen Projekten, wie sich an einem Informationsanlass für die Bevölkerung zeigte. Geladen hatten die Axpo und Vertreter des Bundesamts für Energie (BFE) – gekommen sind jedoch nur wenige.
«Ich werte das als gutes Zeichen. Wenn es Widerstand gibt, kommen die Leute. Wenn niemand kommt, heisst das, es ist okay», bilanziert Andy Heiz, der stellvertretende Konzernchef von Axpo. «No news is good news.»
Ich hätte nicht gedacht, dass es so wenig Widerstand gibt.
Die wenigen Fragen aus dem Publikum beschränkten sich auf die Notwendigkeit des Projekts oder auf die Kosten. Das ist überraschend. Der Widerstand in Birr AG hatte anderes erwarten lassen. Auch Muttenz selbst ist kein unbeschriebenes Blatt: So hatte die Baselbieter Agglomerationsgemeinde 2007 ein geplantes Gaskraftwerk verhindert.
«Ich hätte nicht gedacht, dass es so wenig Widerstand gibt», sagt Simon Jungo, stellvertretender Direktor des Bundesamts für Energie. «Energiethemen sind normalerweise sehr sensibel.»
Es scheint, als habe die Axpo mit dem möglichen CO₂-neutralen Betrieb des Reservekraftwerks und dem Standort im Industriegebiet eine Antwort gefunden. Zudem könnte die weltpolitische Lage zu mehr Zustimmung führen.
Baubeginn frühestens 2026
Bis Ende 2025 will die Axpo das Baugesuch einreichen. Gibt es auch dann keinen Widerstand, könnte das Kraftwerk frühestens Ende 2029 in Betrieb gehen.
Fest steht bereits jetzt, dass es nie eine Abstimmung über das Projekt geben wird. Denn das Kraftwerk wird im Rahmen ordentlicher Bewilligungsverfahren geplant. Das bedeutet, dass zwar Einsprachen möglich sind. Auf politischer Ebene ist jedoch kein Mittel zur Gegenwehr vorgesehen.