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Anpassung berufliche Vorsorge Eine Einigung bei der BVG-Reform scheint nun möglich

Trotz der Kritik aus dem ganzen Polit-Spektrum bekunden diverse Fraktionen nun den Willen, die BVG-Reform zu wagen.

Das Ringen um die BVG-Reform dauert bereits zweieinhalb Jahre. Dabei haben zwei Versprechen die Diskussionen geprägt:

  • erstens die Renten für die Übergangsgeneration nicht zu senken.
  • zweitens die Frauen besserzustellen – und mit ihnen alle Angestellten, die teilzeitlich arbeiten, mehrere Jobs haben oder schlicht einen tiefen Lohn.

Diese Ziele sind bisher nicht auf ganzer Linie erfüllt worden. Nach der Enttäuschung der Ratslinken und der Gewerkschaften, die das Referendum vorbereiten, haben sich auch kritische Stimmen aus dem bürgerlichen Lager gemeldet, etwa der Bauernverband, der seine Interessen politisch geschickt einfliessen lässt.

«Das gesunde Mass verloren»

Für Verbandspräsident Markus Ritter, St. Galler Nationalrat der Mitte-Partei, ist die vorliegende Lösung finanziell schlicht nicht tragbar: «Wir haben das gesunde Mass verloren. Wir sind deutlich zu weit gegangen. Man hätte hier einen Mittelweg gehen sollen, wie wir es zusammen mit 40 anderen Organisationen unter anderem mit dem Schweizer Gewerbeverband empfohlen haben.»

Revision der beruflichen Vorsorge BVG: Darum geht es

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Darum geht es: Bei der Revision geht es nur um den obligatorischen Teil der beruflichen Vorsorge, also um 15 Prozent der Versicherten. Der Umwandlungssatz, der das Kapital in eine jährliche Rente umwandelt, soll gesenkt werden: von 6.8 auf 6.0 Prozent. Das hat teilweise Rentenkürzungen zur Folge. Die Übergangsgenerationen sollen dafür entschädigt werden. Zudem sollen teilzeitbeschäftigte Frauen bessere Renten erhalten.

Das ist der Stand: Obwohl die Vorlage noch nicht zu Ende beraten ist, haben die Gewerkschaften bereits das Referendum angekündigt. Sie argumentieren, mit der Zinswende stiegen die Renditen, die Senkung des Umwandlungssatzes werde damit unnötig. Aber auch im bürgerlichen Lager gibt es Widerstand. Namentlich der Gewerbeverband argumentierte im Vorfeld, die Lohnkosten stiegen zu stark. Die Revision wird in dieser Session wahrscheinlich zu Ende beraten.

Das ist umstritten: Die Linken favorisieren nach wie vor die Variante des Bundesrates. Für sie zahlen niedrig Verdienende mit der heutigen Vorlage mehr in die Kasse ein, erhalten im Rentenalter aber nicht mehr Geld. Auch die Frauen gehören laut den Linken zu den Verliererinnen. Die Bürgerlichen hingegen argumentieren, das momentane Zinsniveau von 6.8 Prozent sei zu hoch angesichts der Lebens- und der Renditeerwartungen. Sie unterstützen daher die heutige Version der Revision. Die Umverteilung von Jung zu Alt werde damit gestoppt und Teilzeitarbeitende würden bessergestellt.

So lohne es sich kaum, weder für die Landwirte noch für viele Unternehmen. Es lohne sich aber auch für die Angestellten kaum, rechnet Mitte-Nationalrat Ritter vor. Er sagt dies mit Blick auf den sogenannten Koordinationsabzug, auf jene Grösse, die sagt, welcher Lohn in der Pensionskasse versichert ist: «Diese Mehrkosten müssen nicht nur von den Landwirten als Arbeitgeber bezahlt werden, sondern auch von den Arbeitnehmenden. Gerade bei den kleineren Einkommen ist das eine riesige Belastung.»

Kurz: Um überhaupt eine Rente aus der Pensionskasse zu erhalten, müssten jene mit ohnehin schon tiefen Löhnen also noch Lohnbeiträge leisten und somit ihr ganzes Erwerbsleben dafür büssen. Diese Einschätzung teilt SP-Vize-Präsidentin Tamara Funiciello: «Der angebliche Kompromiss, der jetzt auf dem Tisch liegt, ist relativ klar: Man zahlt mehr ein und erhält weniger. Ich sehe nicht ein, wieso wir dafür Hand bieten sollen.»

«Wichtiger Schritt für Junge und Teilzeitangestellte»

Kritisch tönt es auch aus dem Gewerbeverband, der Stimme der KMU. Sie störten sich an den hohen Kosten und am administrativen Aufwand, wenn zusätzliche kleine Pensen und Lohnsummen über die Pensionskassen abgerechnet werden müssen.

Doch zumindest die Vize-Präsidentin des Gewerbeverbandes gibt sich heute versöhnlicher. Die Baselbieter Nationalrätin Daniela Schneeberger von der FDP verspricht: «Ich werde mich im SGV dafür einsetzen, dass wir diese Reform auf die Schiene bringen und in der Volksabstimmung verteidigen werden. Wir haben einen wichtigen Schritt für Junge und für Teilzeitangestellte gemacht. Das muss man honorieren.»

Reform soll Chance erhalten

Die Fraktionsspitzen der FDP, SVP und der Mitte wollen der Reform – Stand heute – eine Chance geben. Ähnlich argumentiert auch Alliance F – die Stimme der Frauen in der Politik. Co-Präsidentin und Ständerätin Maya Graf von der Grünen Partei hofft, dass die Mehrheit im Parlament hinter der Reform stehen kann.

Für Graf sind wichtige Verbesserungen möglich geworden – etwa jene, dass neu 80 Prozent des Lohnes versichert sein sollen: «Es ist ein altes Anliegen von Frauenorganisationen, dass der starre Koordinationsabzug wegkommt und dass somit diese Rentenlücke in der zweiten Säule vermindert werden kann.»

Am Dienstag behandelt der Ständerat die verbleibenden Differenzen zur Eintrittsschwelle.

Echo der Zeit vom 13.03.2023, 18 Uhr

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