Ansprachen des Bundesrates - Bundesrats-Ansprache vor Abstimmungen verletzt Vielfaltsgebot
Die Beschwerdeinstanz für Radio und Fernsehen (UBI) sieht keine gesetzliche Verpflichtung für SRF, die Meinung des Bundesrats ohne Gegenmeinung auszustrahlen.
Seit vielen Jahren ist es ein bekanntes politisches Ritual: Seit 1971 richtet sich der Bundesrat vor eidgenössischen Abstimmungen an die Stimmberechtigten in einer Ansprache auf den Radio- und Fernsehkanälen der SRG und damit von SRF – inklusive einer Stimmempfehlung zur jeweiligen Vorlage.
Damit soll nun Schluss sein. Dieser Auffassung sind die Mitglieder der Unabhängigen Beschwerdeinstanz für Radio und Fernsehen (UBI). Sie hiessen eine entsprechende Beschwerde einstimmig gut.
Beanstandung für «Arena»-Interview mit Thomas Aeschi
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In der am 18. März auf Fernsehen SRF ausgestrahlten Diskussionssendung «Arena» über «Parteispitzen zum Ukraine-Krieg» habe sich das Publikum «zur apodiktisch vorgetragenen Qualifizierung der Aussage des SVP-Fraktionspräsidenten durch den Moderator keine eigene Meinung bilden können», teilte die UBI nach ihrem Entscheid am Donnerstagabend mit.
Gerügt worden war in drei Popularbeschwerden das Interview des Moderators mit dem SVP-Fraktionspräsidenten Thomas Aeschi. Der Moderator thematisierte dabei laut UBI in kritischer Weise eine von Aeschi während der Sonderdebatte im Nationalrat gemachte Aussage und bezeichnete diese als «rassistisch». Er berief sich demnach dabei auf eine Stellungnahme der Eidgenössischen Kommission gegen Rassismus sowie auf namentlich nicht erwähnte Staatsanwälte und Strafrechtsexperten.
Mit einer irreführenden Begründung habe die Redaktion journalistische Sorgfaltspflichten verletzt, schrieb die UBI. Da die beanstandeten Interviewsequenzen nicht nur einen Nebenpunkt betrafen, verletzte die Sendung demnach das Sachgerechtigkeitsgebot. Die UBI hiess die drei Beschwerden mit sieben zu zwei Stimmen gut.
Nach Ansicht der UBI «besteht keine gesetzliche Verpflichtung für SRF, die Meinung des Bundesrats in diesem speziellen Format und ohne gleichberechtigte Darstellung der Gegenmeinung zu präsentieren.» Dadurch werde das Vielfaltsgebot verletzt, welches vorsieht, dass Sendungen mit einem Bezug zu einer Volksabstimmung in der für die Willensbildung sensiblen Periode ausgewogen und unparteiisch sein müssen. So werde die Chancengleichheit beider Lager gewährleistet.
Tradition seit 1971
In einer Stellungnahme zum UBI-Urteil schreibt die SRG: «Die Ansprachen des Bundesrates basieren auf einer Tradition, die auf das Jahr 1971 zurückgeht. Sie geniessen in ihrer heutigen Form breite Akzeptanz. Die SRG wird nun zuerst die schriftliche Begründung des UBI-Entscheids abwarten, bevor sie über allfällige Massnahmen entscheidet.»
Im Verfahren der UBI ging es um eine eingereichte Popularbeschwerde. Diese machte geltend, die exklusive Darstellung der Meinung des Bundesrats widerspreche verfassungsrechtlichen Prinzipien und dem rundfunkrechtlichen Vielfaltsgebot, was die UBI nun bestätigt.
Die Beschwerde richtete sich an die Ausstrahlung der Ansprache auf Radio SRF 1. Die Ansprachen werden aber auch jeweils unmittelbar vor der «Tagesschau» auf SRF 1 vom zuständigen Mitglied des Bundesrates gehalten.
Die Beschwerde bezog sich auf die Ansprache vom 25. April 2022. Damals äusserte sich Bundesrat Ueli Maurer zur Übernahme der EU-Verordnung über die Europäische Grenz- und Küstenwache («Frontex»-Vorlage), über die am 15. Mai 2022 abgestimmt wurde.
Unabhängige Beschwerdeinstanz für Radio und Fernsehen (UBI)
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Die UBI behandelt Beschwerden gegen Radio- und Fernsehsendungen von schweizerischen Programmveranstaltern und das publizistische Angebot der SRG (Online-Inhalte, Teletext und Begleitmaterialien zu Sendungen). Sie stellt dabei fest, ob rechtliche Bestimmungen verletzt worden sind.
Die
Unabhängige Beschwerdeinstanz für Radio und Fernsehen (UBI)
setzt sich aus neun nebenamtlich tätigen Mitgliedern zusammen, die vom Bundesrat gewählt werden. Die UBI ist für ihre Aufsichtstätigkeit an keine Weisungen von Bundesversammlung, Bundesrat und Bundesverwaltung gebunden. Sie legt dem Bundesrat jährlich einen Tätigkeitsbericht vor. Administrativ ist die UBI dem Generalsekretariat des Departements für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation (UVEK) angegliedert.
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