Die Fundstelle: In der Gemeinde Büsserach SO wurden ab 2008 verschiedene Überreste aus dem 6. bis 9. Jahrhundert gefunden. Nun hat die Solothurner Kantonsarchäologie die Fundstücke aus dem frühen Mittelalter detailliert untersucht. Es zeigt sich, dass in der Region hoch spezialisierte Handwerker arbeiteten. Ein schweizweit bedeutender Fund, sagt der Solothurner Kantonsarchäologe Pierre Harb. Ein Fund, der auch für die Geschichte des Kantons Solothurn wichtig sei: «Mit der Eisenschlacke von Büsserach stehen wir am Anfang der Geschichte, die bis zum heutigen Stahlwerk Gerlafingen führt.»
Die Erkenntnisse: Durch die Funde in Büsserach können die Archäologinnen und Archäologen genauer nachvollziehen, wie im frühen Mittelalter Eisen hergestellt wurde. Im nahen Juragebirge wurde dazu Eisenerz abgebaut. In sogenannten Rennöfen aus Lehm wurde dieses Erz mithilfe von Holzkohle erhitzt, bis sich das Eisen vom Rest des Gesteins löste. Diese Eisenschwämme konnten Schmiede zu Werkzeugen oder Eisenbarren verarbeiten. Die Barren wurden als Handelsware benötigt.
Die Fundstücke: Von den Rennöfen ist fast nichts übrig geblieben. Dafür fanden die Forscherinnen und Forscher in Büsserach fünf Tonnen «Abfall» in Form von Schlacke. Aus diesen Klumpen lassen sich Rückschlüsse ziehen, wie die Handwerker bei der Eisengewinnung vorgingen. Dabei zeigt sich, dass es vom 6. bis zum 9. Jahrhundert Fortschritte gab, so wurde in den Öfen eine immer höhere Temperatur erreicht. Kaum gefunden wurden dagegen Produkte aus Eisen wie Äxte, Hämmer oder Messer. «Diese Dinge wurden von den Menschen gebraucht und landeten nicht einfach auf dem Boden», so Pierre Harb.
Archäologische Funde in Büsserach
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Bild 1 von 4. So sehen Überreste der Eisenproduktion aus dem frühen Mittelalter aus. Dieses Schlackestück stammt aus der Zeit zwischen 550 und 680 n. Chr. Bildquelle: Kantonsarchäologie Solothurn.
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Bild 2 von 4. Dieses Schlackestück stammt aus dem 8. Jahrhundert. Es weist darauf hin, dass das Erz bei sehr hohen Temperaturen geschmolzen wurde. Bildquelle: Kantonsarchäologie Solothurn.
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Bild 3 von 4. Neben Schlacke kamen bei den Grabungen weitere Dinge zum Vorschein, so etwa diese Scherbe eines Tontopfs. Bildquelle: Kantonsarchäologie Solothurn.
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Bild 4 von 4. Oder diese einzigartige Brosche aus dem 8. oder 9. Jahrhundert. Bildquelle: Kantonsarchäologie Solothurn.
Das regionale Zentrum: Die üppigen Funde zeigen, dass es in Büsserach über mehrere Jahrhunderte hinweg ein richtiges Handwerkerviertel gab. Die Handwerker arbeiteten in Werkstätten, die teilweise in den Boden gegraben waren. Keramikstücke von anderswo zeigen, dass Händler von teils weit her nach Büsserach kamen, um sich mit Eisen oder Werkzeugen einzudecken. Dass entlang des Jurabogens Eisen abgebaut wurde, auch im Kanton Solothurn, war bekannt. «Es gibt verschiedene Flurnamen, die darauf hindeuten, zum Beispiel Erzmatt oder Hammer, was auf eine Eisenschmiede verweist», erklärt Pierre Harb. Allerdings sind die meisten Funde aus dem späten Mittelalter.
Der Ursprung der Stahlindustrie: Im Kanton Solothurn spielte die Eisen- und Stahlindustrie also bereits früh eine Rolle in der regionalen Wirtschaft. Später entstanden im Kanton riesige Stahlwerke und Giessereien, zum Beispiel von der Firma von Roll. Tausende Menschen arbeiteten an den Hochöfen.
Mittlerweile sind fast alle Werke geschlossen. Und das letzte grosse Stahlwerk in Gerlafingen kämpft seit Jahren ums Überleben. Sollte es trotz Bemühungen von Bund und Kanton dereinst schliessen müssen, ginge eine – wie man nun weiss – 1500 Jahre alte Eisen- und Stahltradition im Kanton Solothurn zu Ende.