Am vergangenen Montag legte ein grossflächiger Stromausfall weite Teile Spaniens und Portugals für rund acht Stunden lahm. Doch unabhängig vom Fiasko auf der iberischen Halbinsel wird hierzulande die Diskussion um die Versorgungssicherheit hitzig geführt.
2017 hat die Stimmbevölkerung das Bauverbot für neue Atomkraftwerke beschlossen. Nun möchte der Bundesrat das Neubauverbot wieder kippen. Kritik an diesem Vorhaben hagelt es von linker Seite. «Der Atomstrom ist eine risikobehaftete Energie», warnt Grünen-Fraktionspräsidentin Aline Trede. Ausserdem sei die Frage der Endlagerung noch nicht geklärt.
Mit dem Ausbau der erneuerbaren Energien macht sich die Schweiz unabhängiger.
«Wir kommen nicht drumherum», findet hingegen SVP-Nationalrat Benjamin Giezendanner. Durch das Abstellen sämtlicher Kernkraftwerke bis 2040 und die zunehmende Elektrifizierung fehle der Schweiz in Zukunft Energie. Gerade im Winter könne dies zu Engpässen führen, sagt der Aargauer. Zudem zeichne sich für die Endlager-Problematik eine Lösung ab, so Giezendanner.
SP-Nationalrätin Gabriela Suter bezeichnet die Diskussion rund um neue AKWs als «unnötig». Kein Stromkonzern würde investieren wollen, da keine Rentabilität vorhanden wäre. Ein neues Atomkraftwerk wäre also lediglich mit Subventionen realisierbar, konstatiert Suter.
«Mit dem Ausbau der erneuerbaren Energien macht sich die Schweiz unabhängiger», argumentiert die Aargauerin weiter. So beziehe die Schweiz einen beachtlichen Teil des Urans, das für die AKWs gebraucht werde, aus Russland.
Wir brauchen die Kernkraft in der Schweiz.
Das AKW-Bauverbot aufheben möchte hingegen Jonas Lüthy, Präsident der Jungfreisinnigen. Dass sich zurzeit keine Stromkonzerne finden liessen, die den Bau eines Kernkraftwerks in die Hand nehmen würden, versteht Lüthy. Den Unternehmen würden die nötige Investitions- und Rechtssicherheit fehlen, findet der Jungfreisinnige.
Damit die Versorgungssicherheit gewährleistet werden könne, müsse die Schweiz technologieoffen sein. «Wir brauchen die Kernkraft in der Schweiz», sagt Lüthy. Aline Trede widerspricht: Es sei möglich, mit Solar-, Wasser- und Biomassenenergie das Land zu versorgen.
Zankapfel Verbandsbeschwerderecht
Nachdem die Stimmbevölkerung im vergangenen Juni das Stromgesetz mit deutlicher Mehrheit angenommen hat, gilt es nun die entsprechenden Projekte in Angriff zu nehmen. Im Parlament wird derzeit der sogenannte Beschleunigungserlass diskutiert. Dieser hat zum Ziel, den Ausbau grosser Anlagen zur Produktion erneuerbarer Energie rascher voranzutreiben. Zu diesem Zweck soll auch das Verbandsbeschwerderecht eingeschränkt werden.
Aline Trede wehrt sich vehement gegen diese Vorhaben: «In der Abstimmung über das Stromgesetz wurde der Bevölkerung versprochen, dass das Beschwerderecht bestehen bleibt.» Trede fordert von der bürgerlichen Seite «demokratiepolitisch sauber zu bleiben».
Jonas Lüthy sieht die Politik in der Verantwortung, den Volkswillen und somit die im Stromgesetz enthaltenen 16 Wasserkraftprojekte umzusetzen. Im Sinne der Energiewende sei daher in diesem Fall das Beschwerderecht einzuschränken. SVP-Giezendanner ist das Beschwerderecht als solches ein Dorn im Auge. Wenn es nach ihm ginge, könnte man dieses ganz kippen.
Ob die Grünen den Beschleunigungserlass mit dem Referendum bekämpfen werden, ist noch unklar.