Spätestens seit dieser Woche ist der Verteilkampf um die Bundesgelder so richtig lanciert. Der Bundesrat rechnet für die kommenden Jahre mit Milliardendefiziten – und hat deshalb Sparprogramme angekündigt.
Geht es nach dem Parlament, soll ein Bereich davon allerdings nicht betroffen sein – im Gegenteil: Der Ständerat hat am Montag entschieden, dass der Zahlungsrahmen für die Armee für die kommenden vier Jahre um vier Milliarden Franken erhöht werden soll.
Das sei dringend nötig, sagt der Berner SVP-Ständerat Werner Salzmann: «Wir haben in den letzten dreissig Jahren bei der Armee so viel gespart, dass wir heute im Kriegsfall nicht mehr einsatzfähig sind.» Das Geld sei stattdessen in die internationale Zusammenarbeit geflossen.
Genau hier will der Ständerat nun einen Grossteil der zusätzlichen Gelder für die Armee hernehmen: Die Hälfte der vier Milliarden soll bei der internationalen Zusammenarbeit – also etwa der Entwicklungshilfe – eingespart werden, der Rest bei der Armee und den übrigen Departementen. Dieser Vorschlag geht zurück auf FDP-Ständerat Benjamin Mühlemann, der in der «Arena» dafür plädiert, in der Finanzplanung endlich «Prioritäten zu setzen» und das vorhandene Sparpotenzial auszuloten.
Umgehung der Schuldenbremse scheitert
Wenig erfreut ob dem Entscheid des Ständerats zeigt sich die Basler SP-Nationalrätin Sarah Wyss. Bei der Entwicklungszusammenarbeit in diesem Ausmass zu kürzen, käme einem Kahlschlag gleich: «Das ist nicht vertretbar.»
Wir sind in ausserordentlichen Zeiten, wir brauchen ausserordentliche Lösungen.
Die SP-Politikerin votiert stattdessen für einen Vorschlag von Mitte-Links, den der Ständerat allerdings bereits wieder versenkte. Der Deal sah vor, einen Spezialfonds in der Höhe von 15 Milliarden Franken zugunsten der Armee und dem Wiederaufbau der Ukraine einzurichten. Und zwar – zum Ärger vieler Bürgerlichen – an der Schuldenbremse vorbei. In ausserordentlichen Zeiten brauche es ausserordentliche Lösungen, so Wyss.
Unterstützung erhält die Präsidentin der nationalrätlichen Finanzkommission von Grünen-Nationalrat Gerhard Andrey. Der Freiburger Finanzpolitiker verweist darauf, dass die Schuldenquote in der Schweiz im internationalen Vergleich rekordtief sei: «In einer Zeit der Multikrisen kann man sich schon fragen, ob es nach wie vor das Beste ist, möglichst tiefe Schulden zu haben.» Die hohe Schuldenquote sei das letzte Problem, das die Schweiz im Moment habe.
Wir müssen unsere Verantwortung wahrnehmen und wieder lernen zu sparen.
Das sieht Ständerat Mühlemann anders: «Wir müssen unsere Verantwortung wahrnehmen und wieder lernen zu sparen.» Schliesslich würden zusätzliche Schulden immer zulasten künftiger Generationen gehen.
Sparen oder Einnahmen erhöhen?
Salzmann und Mühlemann betonen beide, dass der Bund kein Einnahmen-, sondern ein Ausgabenproblem habe. Es brauche deshalb Sparbemühungen, sagt Salzmann. Konkret schlägt er vor, im «ausufernden» Migrations- und Asylbereich, bei der Entwicklungszusammenarbeit und beim Bundespersonal zu sparen.
Wyss und Andrey haben andere Rezepte, um den Bundeshaushalt ins Lot zu bringen. Sie wollen die Schuldenbremse reformieren und neue Einnahmequellen prüfen – infrage komme etwa eine Erbschaftssteuer.
Angesichts der grossen finanzpolitischen Differenzen mehren sich Stimmen, die in Zweifel ziehen, ob das Parlament im kommenden Winter ein Budget zustande bringt. Die vier «Arena»-Gäste beteuern, sie würden alles daransetzen – ein harter Verteilkampf lässt sich allerdings kaum vermeiden.