Jugendliche in der Schweiz sind vorne mit dabei beim «Kiffen», also beim Rauchen von Cannabis. Laut einer Studie der Weltgesundheitsorganisation hat jeder siebte 15-Jährige in der Schweiz im letzten Monat Cannabis geraucht. Aber der Handel und Konsum von Cannabis ist in der Schweiz verboten. Befürworter einer Legalisierung möchten das jetzt ändern.
«Cannabis ist ein Betäubungsmittel. Es hat Auswirkungen auf die Psyche, und es gibt Menschen, die sich damit das ganze Leben kaputt gemacht haben», sagte Verena Herzog . Eine Legalisierung wäre verantwortungslos der Jugend gegenüber.
Es gehe nicht um eine vollständige Liberalisierung, sondern um einen Mittelweg, begründet Bastien Girod . «Wir verlangen, dass Cannabis rechtlich gleich behandelt wird wie Schnaps oder Likör.»
«Diese Diskussion haben wir schon vor zehn Jahren geführt», entgegnet Ruth Humbel . 2008 sei eine Legalisierung [Hanf-Initiative] mit 63 Prozent abgelehnt worden. Das spätere Gesetz habe dann das Vier-Säulen-Prinzip von Prävention, Therapie, Überlebenshilfe und Repression begründet. «Aber mit Blick auf die Jugend blieb es damals bei einem Verbot für Cannabis»
Illegalität verschärft Probleme
Die heutige Situation ergebe sich aus dem Regime der Illegalität, sagt Girod: «Dem Schwarzmarkt kann man keine Vorschriften machen.»
Er nennt das Beispiel Alcopops, bei denen dank einer heute regulierten Situation mit einer hohen Steuer sehr viel Einfluss auf den Konsum genommen werde, gerade für den Jugendschutz.
Das grössere Problem für Herzog bleibt aber das Cannabis. Das Bundesamt für Sozialversicherungen habe festgestellt, dass bei Personen zwischen 18 und 29 Jahren die Zahl neuer IV-Bezüger stark zugenommen habe. Herzog betont: «Fast ein Drittel dieser Neu-IV-Bezüger sind an Schizophrenie erkrankt. Ein Grossteil davon im Zusammenhang mit Cannabis.»
Die langjährige Verteufelung
Patrick Frey schlägt vor, in der politischen Diskussion neue Wege auszuprobieren. Es sei bekannt, dass schon sehr lange junge Leute ziemlich viel kifften. Auch in anderen Länder, sogar mit viel mehr Repression. «Warum kann man nicht 1. den Stoff verbessern, 2. die Kriminalität ausschalten, 3. die Prävention finanzieren und 4. noch Steuereinnahmen generieren?» Wie beim Alkohol, bei dem die Suchtprävention über die Alkoholsteuer finanziert werde.
Geschichtlich holt Frey weit aus, wie in den 1930er-Jahren die natürlichen Drogen Cannabis, Opium und auch Kokain zurückgedrängt wurden; «1898 wurde Cannabis als häufigstes Schmerzmittel in den USA durch Aspirin verdrängt und 1937 verboten. Cannabis wurde schliesslich 1961 von 180 Staaten geächtet.» Als dann die Schmerzmittel Valium und Librium auf den Markt gekommen seien, seien daraus die erfolgreichsten Medikamente der Geschichte geworden, versucht Frey die Verteufelung des Naturprodukts Cannabis zu erklären.
Dem Einsatz von Cannabis im Medizinalbereich, vor allem in der Schmerztherapie, unterstützt auch Humbel. Aber es gebe dazu zu wenig Begleitforschung über die Therapiewirkung.
Rechtlich unterschiedliche Anwendung der Kantone
Humbel kritisiert aber auch den aktuellen Umgang mit Cannabis-Konsumenten. «Viele Jugendliche wissen gar nicht, dass der Konsum verboten ist!» Der Kanton Zürich stelle pro Jahr rund 4400 Bussen aus – der Kanton Bern nicht einmal 200. Damit werde den Leuten das Gefühl gegegen, es sei sowieso legal, sagt Humbel.
Nino Forrer vom Verein «Legalize it» sieht das anders. Zwar gebe es seit 2013 beim Drogenmissbrauch Ordnungsbussen. 2016 seien aber trotzdem 60‘000 Menschen wegen Cannabis-Konsums kriminalisiert worden, denn die Zahl der Verzeigungen sei gleich hoch geblieben. Und dann kämen noch die Ordnungsbussen oben drauf.
Volksabstimmung geplant
Der Verein «Legalize it» habe darum bei der Bundeskanzlei einen Initiativ-Text zur Vorprüfung eingereicht. «Wir wollen jetzt nochmals das Stimmvolk fragen, denn wir sind überzeugt: Die Meinung zu Cannabis hat sich geändert», sagt Forrer.
Herzog bleibt bei ihrer Position: «Wenn ein Produkt illegal ist, und das Schweizer Stimmvolk darüber abgestimmt hat, weil es gesundheitsschädigend ist, können sie dagegen sagen was sie wollen.»
Auch Humbel will nichts ändern. «Wir vertreten hier die geltende Gesetzgebung, über die die Schweizer Bevölkerung den letzten Entscheid gefällt hat.»
Trotz dieser politischen Fronten bleibt in der Schweiz Cannabis die am häufigsten konsumierte illegale Droge.