Um die Artenvielfalt steht es schlecht. Das zeigen Studien regelmässig. Die internationale Rote Liste gefährdeter Arten wird immer länger. Um herauszufinden, welche Arten in Graubünden bedroht sind, arbeitet der Kanton aktuell an einem Bericht über den Zustand der Biodiversität. Dieser zeigt auf, wo welche Arten leben und wie stark sie bedroht sind.
Vom Aussterben bedroht
Auch Forstingenieurin Barbara Huber arbeitet an diesem Bericht mit. Sie kennt sich aus mit Käfern. Sie sucht und bestimmt seit über zehn Jahren Totholzkäfer. Bei ihrer Forschungsarbeit in Maienfeld hat sie mit ihrem Team Spuren eines Käfers gefunden, der in Nordbünden seit rund 100 Jahren nicht mehr gesehen worden ist: Der Grosse Eichenbock.
Ihre Feldforschung hat Barbara Huber über den Sommer oberhalb von Maienfeld betrieben. In der Nähe des berühmten Heidibrunnens gibt es dort mächtige Eichen. Diese Bäume sind mehrere hundert Jahre alt; der Eichenhain sei ein Paradies für Käfer.
Fund des Käfers wäre eine Sensation
Barbara Huber hat mit Handfängen nach Käfern gesucht, nachts mit der Stirnlampe und mit einzelnen Fallen hoch oben in den Baumkronen. Dabei ist ihr Forscherteam auch auf Spuren jenes europaweit geschützten und vom Aussterben bedrohten Grossen Eichenbocks gestossen.
Würde Barbara Huber ein Exemplar finden, wäre dies eine kleine Sensation. So ist es ihr mit dem Eremiten ergangen, dem seltensten Käfer Europas. Zusammen mit einem Käferexperten konnte sie ihn im bündnerischen Misox schon nachweisen.
Dieser Eichwald ist ein Hotspot – einer der artenreichsten Flecken Graubündens.
Barbara Huber sucht, beobachtet und zählt in den Bündner Wäldern die Käfer im Auftrag des Kantons Graubünden. Dafür zuständig beim Amt für Natur und Umwelt ist Luis Lietha. Er koordiniert in der Abteilung Natur und Landschaft die Entwicklung der Artenvielfalt. Zum Bericht über den Zustand der Biodiversität sagt Luis Lietha: «Wir haben festgestellt, dass unser Wissen über Insekten und insbesondere über Käfer sehr lückenhaft ist.»
Natur- und Artenschutz stärken
Um seltene Arten zu erhalten, sollen Massnahmen geplant werden. Darum müssten die Verantwortlichen wissen, wo welche Tiere vorkommen, so Lietha weiter. Dadurch könne man den Naturschutz an gewissen Orten besser begründen. Dies sei Ziel dieses Inventars, so Luis Lietha weiter. Oder die Botschaft der Forscherin Barbara Huber: «Funde von seltenen Arten zeigen den Wert der alten, dicken Bäume auf.» Dies sei Grund genug, um sie zu erhalten. Dieser Eichwald bei Maienfeld sei ein Hotspot; einer der artenreichsten Flecken Graubündens in Bezug auf Käfer, ist Barbara Huber überzeugt.
Bis zu 300 Käferarten allein im Eichenhain
Die Forscherin rechnet mit der Existenz von 200 bis 300 Käferarten allein um den Heidibrunnen bei Maienfeld. Definitiv weiss sie das im Laufe des Winters, wenn die Käfer bestimmt und ins Inventar aufgenommen sind. Vorläufig ist Barbara Huber noch mit der Arbeit auf dem Feld und im Eichwald beschäftigt und hofft, dass sie den äusserst seltenen Grossen Eichenbock noch aufspürt.