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«Asyl-Algorithmus» der ETH «Ein Mensch, der in unser Land kommt, ist kein Datensatz»

Asylsuchende per Computer auf Kantone verteilen? Was Kantone und Flüchtlingshilfe von dieser Idee halten.

Darum geht es: Asylsuchende könnten besser in den Schweizer Arbeitsmarkt integriert werden. Das schreibt die ETH Zürich in einer neuen Studie. Um das Ziel zu erreichen, müsse man die Asylsuchenden klüger auf die Kantone verteilen. Heute werden sie nach einem fixen Verteilschlüssel auf die ganze Schweiz verteilt – ohne dass genau darauf geachtet wird, wo es auf dem Arbeitsmarkt genau Bedarf für ihre Fähigkeiten gibt. Die ETH hat deshalb einen «Asyl-Algorithmus» entwickelt, der die Chancen der Asylsuchenden auf dem Arbeitsmarkt erhöhen soll: Das Programm wird mit Daten gespiesen; aus diesen soll ersichtlich sein, in welche Region eine Person am Besten passen würde.

Das sagt die Flüchtlingshilfe: Die Schweizerische Flüchtlingshilfe findet die Initiative der ETH gut. «Wir sind wirklich froh, dass eine Institution wie die ETH gute Beurteilungsgrundlagen schafft», sagt Mediensprecher Michael Flückiger. Das erhöhe den Druck, dass auch tatsächlich etwas unternommen werde. «Die ETH schafft Fakten, die sonst im Asyl- und Fluchtwesen fehlen.»

Wir erhoffen uns grosse Fortschritte.
Autor: Michael Flückiger Mediensprecher Flüchtlingshilfe

Im Moment würden die Voraussetzungen, welche die Flüchtlinge mitbrächten, zu wenig geprüft. «Deshalb sind sie manchmal nicht am richtigen Ort.» Vom ETH-Programm erhoffe man sich deshalb grosse Fortschritte.

Das sagt der Vertreter der Kantone: Auch Martin Klöti, St. Galler Regierungsrat und Vorsteher der Konferenz der kantonalen Sozialdirektoren findet den «Asyl-Algorithmus» interessant.

Das heutige Zufallsprinzip ist nicht ganz falsch.
Autor: Martin Klöti Vorsteher Sozialdirektorenkonferenz

Klöti verteidigt aber auch das bisherige Verteilsystem. «Ein Mensch, der in unser Land kommt, ist kein Datensatz.» Es handle sich um Menschen mit einer Vergangenheit, mit Fähigkeiten, mit Überlebensstrategien, von denen man lernen könne. «Das heutige Zufallsprinzip ist nicht ganz falsch.» Insbesondere auch deshalb, weil auch darauf geachtet werde, dass Familien nicht auseinandergerissen und Sprachkompetenzen berücksichtigt würden. Die Sozialdirektoren würden aber die ETH wohl bald einladen und sich über das Programm informieren, so Klöti.

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