Die Asylreform ist das grosse Projekt von Simonetta Sommaruga und wohl auch ihr Herzensanliegen: «Um wirklich rasche und konsequente Verfahren zu haben, aber auch faire und menschliche, braucht es diese Asylgesetzrevision», betont die Justizministerin.
Auf der Gegenseite steht die SVP, die als einzige grössere Partei gegen die Asylreform antritt. Der designierte Parteipräsident Albert Rösti: «Dieses Gesetz ist ein roter Teppich für jene, die nur aus wirtschaftlichen Gründen kommen. Das wollen wir verhindern.»
Dieses Gesetz ist ein roter Teppich für jene, die nur aus wirtschaftlichen Gründen kommen. Das wollen wir verhindern.
Aussage gegen Aussage. Der Reihe nach: Der Bund soll künftig über die Hälfte aller Asylgesuche rasch – innert 100 Tagen – in neuen Bundeszentren entscheiden. In Zürich testet der Bund das System bereits: Alle Fristen sind kürzer, im Gegenzug begleiten Rechtsvertreter die Asylsuchenden kostenlos durchs Verfahren.
Rotes Tuch: kostenlose Asyl-Anwälte
Die SVP kritisiert die kostenlosen Asyl-Anwälte. Es sei zu vermuten, dass damit die Prozesse verlängert würden, denn ein Anwalt habe ja letztlich auch ein Interesse, Geld zu verdienen, stellt Rösti fest. Bundesrätin Sommaruga kontert mit den Erfahrungen aus dem Testbetrieb in Zürich, wo ein Rückgang der Beschwerdequote festzustellen sei.
Wir haben im Testbetrieb gesehen, dass die Beschwerdequote zurückgegangen ist.
Tatsächlich zogen im Testzentrum merklich weniger Asylsuchende einen negativen Entscheid weiter als im normalen Betrieb. Der Bund bezahle die Rechtsvertreter pauschal, pro Fall, womit es auch keine Anreize für aussichtlose Einsprachen gebe, betont Sommaruga. Dem traut die SVP nicht. In Einzelfällen soll der Bund die Asyl-Anwälte künftig nämlich auch nach Aufwand bezahlen können.
Was können schnellere Asylverfahren bewirken?
Beim nächsten Streitpunkt geht es um die Frage, was schnellere Verfahren im heutigen gesamteuropäischen Umfeld überhaupt bringen. Wenig bis nichts, schätzt SVP-Vertreter Rösti und begründet dies wie folgt: «Ein schnelleres Asylverfahren und trotzdem bleiben dann alle hier, weil Schengen-Dublin nicht mehr funktioniert. Das gibt nur Probleme.» Die Schweiz werde noch attraktiver, wenn sie Bundeszentren aufbaue, Anwälte bereitstelle und dann erst noch viele abgewiesene Asylsuchende nicht zurückgeschafft werden könnten.
So schlimm stehe es um die Rückschaffungen nicht, antwortet die Justizministerin. Die Schweiz sei das europäische Land, das am meisten Dublin-Rückführungen gemacht habe. Die Reform beschleunige das Prozedere für Rückführungen.
Einsparungen umstritten
Der Bundesrat verspricht sich auch Einsparungen von der Asylreform. Seine Berechnungen aber basieren auf weniger Asylsuchenden, als letztes Jahr kamen. Entsprechend kritisiert Rösti, dass sich das Gesetz auf eine falsche Basis stütze.
Tatsächlich: Wenn die Asylzahlen so hoch bleiben wie letztes Jahr, und wenn so viele Menschen in der Schweiz bleiben dürfen wie heute, sparen Bund und Kantone weniger als erwartet. Und es bräuchte vielleicht mehr als die geplanten 16 Bundeszentren.
Kritik der Gemeinden begründet?
Trotzdem: Die Asylreform ist breit abgestützt. Sommaruga trat heute demonstrativ mit Vertretern von Kantonen und Städten vor die Medien. Grosse Abwesende waren die Gemeinden, deren Verband auf eine Abstimmungsempfehlung verzichtet. Denn in den Gemeinden ist die Reform wegen der Bundeszentren umstritten. Grund: Baubewilligungen wären Bundessache, und der Bund dürfte im äussersten Fall gar Land enteignen.
Enteignungen sind sicher nicht vorgesehen.
«Da ist für uns wirklich der Rechtsstaat dann verletzt», protestiert Rösti. Sommaruga verweist diesbezüglich auf die vielen, bereits gefundenen Standorte: «Wir haben das immer im Einvernehmen mit Kantonen und Gemeinden gemacht. Enteignungen sind sicher nicht vorgesehen.»