Der 46-jährige Tessiner Justizdirektor nimmt kein Blatt vor den Mund. Wegen seiner Asyl- und Ausländerpolitik gilt er als Hardliner. Das stört den Politiker der Rechtspartei Lega dei Ticinesi aber nicht. Er sieht seinen Kurs als klare Folge der Sonderstellung seines Kantons.
Der Grossteil der Asylsuchenden komme im Tessin an. Zudem steige die Zahl der Grenzgängerinnen konstant. Der Lohndruck auf den Tessiner Arbeitsmarkt sei gross. Vor diesem Hintergrund rechtfertigt Gobbi Praktiken, die internationales Recht ritzen.
Grenzgänger müssen Strafregisterauszug vorlegen
Grenzgänger und Grenzgängerinnen, die im Tessin arbeiten wollen, müssen einen Strafregisterauszug vorlegen. Damit verstösst die Südschweiz gegen internationales Recht. 2017 hat die Tessiner Regierung gesagt, sie würde von dieser Praxis absehen, wenn das Grenzgänger-Abkommen mit Italien unterzeichnet ist. Das ist längst geschehen. Es ist gar umgesetzt. Dennoch besteht die Praxis mit den Strafregisterauszügen im Tessin weiter.
Ein Wortbruch der Tessiner Regierung sei das nicht, sagt darauf angesprochen der Tessiner Justizdirektor. Im Gegenteil. Er ist zuversichtlich, dass der Rest der Schweiz früher oder später die gleichen Regeln wie die Südschweiz einführt.
Gobbi hinterfragt selbstkritisch seine Kommunikationsarbeit als Sicherheitsdirektor. Denn Lugano ist eine der sichersten Schweizer Städte, nur weiss das im Tessin kaum jemand. Die hohe Tessiner Mediendichte und die damit verbundene grosse Berichterstattung über Diebstähle und Raubüberfälle führe auch dazu, dass das subjektive Sicherheitsgefühl vieler Tessiner und Tessinerinnen schlecht sei.
Und das, obwohl – objektiv gesehen – das Tessin in den letzten zehn Jahren immer sicherer wurde. Die hohe Sicherheit im Tessin führe dazu, dass sich gute italienische Steuerzahler in der Südschweiz ansiedelten, freut sich Sicherheitsdirektor Gobbi.
Norman Gobbi stellt fest, dass seine Kollegen aus anderen Kantonen verhältnismässig wenig sensibilisiert seien gegenüber den Gefahren des organisierten Verbrechens. Im Tessin führe die unmittelbare Nähe zu Italien und vor allem auch der Konsum der italienischen Medien zu einer anderen Wahrnehmung.
Denn in der angrenzenden Lombardei seien mafiöse Organisationen stark präsent. Dies hat Konsequenzen in der Südschweiz. Unter anderem werden im Tessin in gewissen Bereichen, wie beispielsweise dem Bausektor, mehr Kontrollen durchgeführt. Auch gibt es hier administrative Hürden, die Briefkastenfirmen verhindern sollen, wie der Direktor des Tessiner Baumeisterverbands, Nicola Bagnovini, gegenüber Radio SRF bestätigt.