SRF: Wie sicher ist das 45-jährige AKW Beznau I heute noch?
Sarah Nowotny: Das kommt ganz darauf an, wen man fragt. Für die Umweltschutzorganisationen und AKW-Gegner ist Beznau I unsicher. Sie bemängeln Risse und die Notstromversorgung. Letztere sei unzuverlässig.
Das Eidgenössische Nuklearsicherheitsinspektorat Ensi hingegen hat auch dieses Jahr wieder gesagt, Beznau I sei sicher. Und die Betreibergesellschaft Axpo betont, dass sie in den letzten Jahren 1,6 Milliarden Franken in die Sicherheit investiert habe und dass in den nächsten Jahren noch einmal 700 Millionen Franken folgten.
Die Nachrüstungen verschlingen horrende Summen. Weshalb sind die AKW-Betreiber dennoch erpicht, diese Investitionen zu leisten?
Grundsätzlich ist es unheimlich teuer, ein AKW zu bauen. Um diese Kosten zu amortisieren, lohnt es sich, ein Werk möglichst lange laufen zu lassen. Das gilt auch dann, wenn der Strompreis – wie im Moment – sehr tief ist.
Es gibt aber auch Beispiele, wo die Schmerzensgrenze für Nachrüstungen überschritten wurde. Beim AKW Mühleberg beispielsweise wurde gefordert, dass eine halbe Milliarde investiert wird. Das war der Betreibergesellschaft BKW zu viel.
Sie haben das AKW Mühleberg erwähnt. Es ist jünger als Beznau I. Kann man die beiden Atomkraftwerke dennoch miteinander vergleichen?
Von der Technik her nicht. Denn Mühleberg ist ein Siedewasserreaktor und Beznau I ist ein Druckwasserreaktor. Auch in Bezug auf die politische Wahrnehmung sind die beiden Atomkraftwerke nicht vergleichbar. Mühleberg stand und steht viel stärker in der Kritik, es gab im Kanton Bern eine Volksinitiative, die eine sofortige Stilllegung verlangte. Zudem fordert die Aufsichtsbehörde Ensi deutlich mehr Nachrüstungen für das AKW Mühleberg.
Beznau I ist das älteste AKW der Welt. Viele andere Atomkraftwerke, die in anderen Ländern vor 1969 in Betrieb genommen wurden, sind heute abgeschaltet. Für welche Lebensdauer wurde Beznau I ursprünglich gebaut?
Das hängt vom Materialverschleiss und von den Nachrüstungen, die getätigt werden, ab. Beznau I ist erst seit zwei Jahren das älteste Atomkraftwerk der Welt.
Sind die Schweizer Atomkraftwerke einfach besser gebaut und können deshalb länger betrieben werden?
Das ist so wohl nicht ganz richtig. Man kann aber sagen, dass es in grossen Ländern mit viel Fläche und mit weniger direkter Demokratie einfacher ist, neue Atomkraftwerke zu bauen, als in der Schweiz. In den USA oder in Grossbritannien wird eher mal ein altes Kraftwerk abgeschaltet und ein neues gebaut.
Was heisst das nun für Beznau I? Wird das AKW noch 10 bis 30 Jahre weiterbetrieben?
Unendlich lange kann natürlich kein Werk betrieben werden. Im Fall von Beznau I gibt es ganz unterschiedliche Ansichten. Die Betreibergesellschaft Axpo spricht von 60 Jahren. Die Grünen hingegen möchten, dass nach 45 Jahren Schluss ist. Energieministerin Doris Leuthard schliesslich, geht von ungefähr 50 Jahren pro AKW aus. Das würde heissen, dass Beznau I ungefähr im Jahr 2019 vom Netz gehen müsste. Ob das so kommt, ist aber noch völlig offen.
Das Gespräch führte Iwan Santoro.