Der Furor von Fukushima ist in den letzten Jahren deutlich abgeebbt. Im Rahmen der «Energiestrategie 2050» haben FDP und SVP befristete Laufzeiten für AKW verhindert. In der Schweiz dürften die Atomkraftwerke deshalb so schnell nicht vom Netz gehen. Immer klarer wird aber: Atomkraft rentiert schlichtweg nicht mehr.
Der Energiekonzern Alpiq präsentierte am Montag ein saftiges Defizit . Und über die Medien drang ein brisantes Strategiepapier an die Öffentlichkeit: Alpiq lässt prüfen, ob der Bund unrentable Schweizer Atomkraftwerke übernehmen könnte. Das Projekt soll der Politik mit intensiver Lobby-Arbeit schmackhaft gemacht werden.
Doris Leuthard: «Das ist Sache der Betreiber»
Unter der Bundeshaus-Kuppel wird das Szenario intensiv diskutiert. Energieminsterin Doris Leuthard will auf irgendwelche «komischen Papiere» nicht eingehen.
Grundsätzliches lässt sie sich aber entlocken: «Betriebswirtschaftliche Probleme sind Sache der Betreiber.» Und man habe es bei Mühleberg gesehen: «Es sind betriebswirtschaftliche Gründe, die dazu führen können, dass ein Betreiber sagt: ‹Ich investiere nicht mehr, ich nehme dieses Kernkraftwerk vom Netz.› Ein ganz normaler Vorgang wie sonst in der Wirtschaft.»
Hinter den grossen Betreibern stünden ohnehin die Kantone: «Und die können nicht Konkurs gehen.» Sie sind also Sicht des Bundes zuständig, wenn die Betreiber in ernsthafte Probleme geraten.
Veto vom obersten Energiedirektor
Der Präsident der kantonalen Energiedirektoren, Beat Vonlanthen, hält ebenfalls nichts von einer Auffanggesellschaft für AKW: «Es ist nicht am Staat, diese Unternehmen und quasi die ganzen Risiken der Atomenergie zu übernehmen.» Stattdessen sollten die Betreiber ihre Verantwortung wahrnehmen, so Vonlanthen.
Die Situation sei durch die tiefen Energiepreise schwierig, räumt Vonlanthen ein. Die Kantone als Eigentümer müssten die Unternehmen sehr eng begleiten. Auch die Politik sei gefordert: «Direkte Unterstützung der Wasserkraft wäre etwa ein guter Beitrag.»
Rudolf Rechsteiner: «Die Ratten verlassen das sinkende Schiff»
Rudolf Rechsteiner (SP/BS) plädiert derweil für eine andere «Variante»: «Abschalten ist am billigsten.» AKW gehörten ja heute schon den Kantonen, jetzt wolle man sie dem Bund zuschieben, moniert der Basler Grossrat: «Ich bin dagegen, dass der Staat mit Staatsmitteln die Laufzeiten verlängert.»
Dass AKW nicht mehr rentieren, ist für Rechsteiner keine Neuigkeit: «Natürlich wollen jetzt alle den Schwarzen Peter loswerden. Die Zürcher Regierung möchte die Axpo-Beteiligung verkaufen. Das zeigt: Die Ratten verlassen das sinkende Schiff.»
Axpo-Verwaltungsrat Eberle: «Die Reserven sind bald aufgezehrt»
Roland Eberle ist SVP-Ständerat und Verwaltungsrat von Axpo. Er macht keinen Hehl aus den Problemen. Mit jeder Kilowattstunde Strom, die produziert wird, legen die AKW-Betreiber drauf, schildert er: «Geht es so weiter, ist es eine Frage von Jahren, bis die Reserven aufgezehrt sind.»
Braucht es also staatliche Auffanggesellschaft? Bei der Axpo sei das im Unterschied zu Alpiq noch kein Thema, betont Eberle. Dennoch gibt er sich überzeugt, dass sowohl die einfachen Stromkunden wie auch die Wirtschaft künftig einen Teil der Lasten tragen müssen. Konkret: Strom dürfte teurer werden.