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Atomenergie und Sicherheit Studie offenbart Sicherheitsmängel beim AKW Leibstadt

  • Die Schweizerische Energiestiftung (SES) hat eine Studie publiziert, welche die Sicherheit des Kernkraftwerks Leibstadt (KKL) überprüfen sollte.
  • Laut Expertenmeinung erfüllt das KKL die aktuell geltenden internationalen Sicherheitsstandards nicht.
  • Trotzdem diskutiert die Schweizer Politik über die Verlängerung von Kraftwerk-Laufzeiten.
  • Aus Deutschland kommt seit längerem Kritik an diesen Diskussionen.
Video
Archiv: Parlament diskutiert längere Nutzung der Atomkraft
Aus Tagesschau vom 04.10.2021.
abspielen. Laufzeit 2 Minuten 17 Sekunden.

Die Studie listet zahlreiche Mängel auf, die das KKL mit Blick auf den heutigen Stand von Wissenschaft und Technik aufweise:

  • So würden verschiedene Sicherheitssysteme im Kraftwerk heute Anforderungen hinsichtlich Redundanz und Diversität nicht erfüllen.
  • Des Weiteren könne das gestaffelte Sicherheitskonzept im AKW nicht konsequent sichergestellt werden.
  • Das AKW sei ausserdem nicht vollständig gegen den Absturz eines heute üblichen Flugzeugtyps geschützt.
  • Zuletzt beziehe das KKL Kernschmelzszenarien nicht in die Sicherheitsbewertung ein.

Alte Anlagen liessen sich kaum sicher nachrüsten

Die Studie wurde vom international renommierten Nuklearingenieur Prof. Dr. Manfred Mertins durchgeführt. Dieser hat die Diskussion und Definition von Sicherheitsstandards für europäische AKW in den letzten Jahrzehnten entscheidend mitgeprägt.

Anlagen, die seit über 40 Jahren im Betrieb sind, lassen sich praktisch nicht auf jenen Sicherheitsstandard nachrüsten, wie wir ihn heute fordern.
Autor: Manfred Mertins Nuklearingenieur

Mertins sagt, aus wissenschaftlicher Sicht sei die Sache klar: «Anlagen, die seit über 40 Jahren im Betrieb sind, lassen sich praktisch nicht auf jenen Sicherheitsstandard nachrüsten, wie wir ihn heute fordern.» Die betreffenden Anlagen müssten demnach abgeschaltet werden.

Erstellt wurde die Studie zu den Sicherheits-Defiziten des Schweizer AKW Leibstadt im Auftrag der Schweizerischen Energie Stiftung. Diese ist äusserst atomkritisch. Das lässt den CVP-Nationalrat Stefan Müller-Altermatt an der Glaubwürdigkeit der Studie zweifeln, sie könnte politisch gefärbt sein. «Es ist das Ensi, unsere Atomaufsichtsbehörde, auf die ich letztlich auch als Politiker hören muss», sagt Müller-Altermatt, der auch in der nationalrätlichen Kommission für Umwelt- und Raumplanung sitzt. Und: «Das Ensi kann Stimmen wie diese Studie ernst nehmen und dann ihr Expertenurteil abgeben.»

Studienverfasser Manfred Mertins, der auch für die aktuellen deutschen «Sicherheitsanforderungen für KKW» mitverantwortlich ist, winkt ab: «Also, der Auftraggeber ist mir relativ egal. Der Auftrag ist ein Auftrag und der Massstab in Bezug auf die Beurteilung des Sachverhaltes ist der Stand von Wissenschaft und Technik», sagt Mertins.

Stellungnahme des Uvek

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Auf Anfrage von SRF will das Ensi, das Eidgenössische Nuklearsicherheitsinspektorat, keine Stellung nehmen.

Das Uvek (Eidgenössisches Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation) schreibt auf Anfrage:

«In der Schweiz gibt es im Unterschied zu Deutschland keine fixen Laufzeiten. Die bestehenden AKW dürfen in Betrieb bleiben, solange sie sicher sind. Entscheidend ist, dass die Betreiber die Sicherheit der AKW jederzeit gewährleisten und ihre Anlagen stets auf den neuesten Stand der Technik nachrüsten. Dabei werden sie vom Eidgenössischen Nuklearsicherheitsinspektorat (ENSI) überwacht. Sicherheit ist in der Schweiz politisch nicht verhandelbar. Diese Regelungen basieren auf den Entscheiden der Stimmbevölkerung: Im November 2016 hat sie eine Initiative, welche die Laufzeiten begrenzen wollte, abgelehnt. Und im Mai 2017 hat sie mit der Zustimmung zur Energiestrategie entschieden, dass nach der Abschaltung der bestehenden AKW keine neuen AKW mehr gebaut werden dürfen.»

Kernenergie kommt wieder verstärkt in den Fokus

Nachdem im Nachgang der Nuklearkatastrophe in Fukushima beschlossen wurde, dass in der Schweiz keine neuen Atomkraftwerke gebaut werden sollten, liebäugelt die Schweizer Politik in den letzten Jahren wieder stärker mit der Kernenergie. Die Gründe dafür sind vor allem ökonomischer und energiepolitischer Natur.

Aus dem süddeutschen Raum, der im Falle eines Atomunfalls direkt betroffen sein könnte, kommt immer wieder Kritik an der Schweizer Atompolitik. «Die Studie muss untersucht werden», sagt die deutsche Energiepolitikerin Rita Schwarzelühr-Sutter. «Die Aufsichtsbehörde der Schweiz ist dafür verantwortlich und ich erwarte schon, dass dem nachgegangen wird.»

Ich habe vollstes Vertrauen in die Entscheide der Ensi.
Autor: Martin Schmid Präsident der UREK im Ständerat

Sicherheit sei das wichtigste, sagt Schwarzelühr-Sutter. «Ich glaube, das ist links und rechts des Rheines für alle Bürger das Wichtigste.»

«Es sind in der Schweiz nicht Politiker, die über Laufzeiterweiterungen von Kernkraftwerken entscheiden», sagt FDP-Ständerat Martin Schmid dazu. Das seien die Fachleute des Ensi. Schmid, Präsident der Umwelt- und Raumplanungskommission, ist «überzeugt, dass Schweizer AKW, mit ihren sehr hohen Sicherheitsstandards den Sicherheitsanforderungen, genügen.» Er vertraue den Fachpersonen des Ensi voll und ganz.

SRF 1, 10 vor 10, 2.11.2021, 21:50 Uhr

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