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Aufreger «Hotel-Puffs» Rotlicht-Report: Sexarbeit im Hotelzimmer

Viele Prostituierte arbeiten mittlerweile in grossen Apartment-Hotels. Das zeigen Recherchen der Rundschau. Milieu-Kenner warnen: Zuhälter nutzten die Hotels, um Prostituierte ohne Bewilligung arbeiten zu lassen. Eine grosse Self-Check-In-Hotelkette weist die Vorwürfe zurück.

«Hier bin ich unabhängiger», sagt Claudia Nova. Die Sexarbeiterin, die in Wahrheit anders heisst, empfängt die «Rundschau» in ihrem «Arbeitszimmer», ein Apartment in einem Basler Self-Check-In-Hotel. Wie viele Apartment-Hotels hat es keine Rezeption. Kunden tippen diskret einen Code an der Eingangstüre ein und sind drin – hohe Diskretion. «Meine Kunden schätzen die Privatsphäre hier», sagt Nova.

Die 58-jährige Deutsche arbeitet seit vier Jahren im Sexgewerbe – freiwillig, wie sie betont. «Alle meine Gäste möchten nicht mehr in Clubs gehen», sagt Nova. In Apartment-Hotels sei es ruhiger, man sei unter sich. «Das Personal ist immer freundlich zu mir.»

Opferschutzorganisation ist alarmiert

Nicht alle Sexarbeiterinnen arbeiteten freiwillig in den Apartment-Hotels, sagt Milieu-Kenner Stephan Fuchs. Er leitet die Opferschutzorganisation Victras, die ein Schutzhaus für Opfer von Menschenhandel betreibt.

«Im Grossen und Ganzen sind das sehr viele Frauen, die täglich in diesen Apartments auch arbeiten. Häufig ist ein Zuhälter in der Nähe. Es ist eigentlich die klassische Strassenprostitution, die sich in die Hotels zurückgezogen hat», sagt er.

Die Zuhälter nutzten die Anonymität der Apartments und zögen in Gruppen in der ganzen Schweiz von Haus zu Haus, um von den Behörden nicht entdeckt zu werden, weiss Fuchs: «Es ist wie ein Wanderzirkus. Er kann aus drei Zuhältern plus fünf Frauen bestehen, es können aber auch weniger sein. Die Beweglichkeit ist im Milieu sehr wichtig.»

Sexarbeiterinnen geben Hotel-Adresse an

Die «Rundschau»-Recherche zeigt: Mehrere Anbieter von Apartment-Hotels sind von Sexarbeit betroffen. Beliebt sind Self-Chek-In-Hotels. Marktführer in der «Serviced Apartments»-Branche ist in der Schweiz Vision Apartments. Das Unternehmen verbietet die gewerbliche Nutzung in den allgemeinen Geschäftsbedingungen, somit auch die Sexarbeit.

Ist Hotelprostitution legal?

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Die Sexarbeit in Apartment-Hotels ist in jeder Gemeinde unterschiedlich geregelt. In Basel beispielsweise braucht eine Sexarbeiterin eine Bewilligung, um in Apartment-Hotels zu arbeiten.

In Zürich dagegen ist die Gesetzeslage deutlich lockerer und eine Sexarbeiterin braucht grundsätzlich keine solche Bewilligung.

Schweizweit verboten ist die Förderung der Prostitution sowie Menschenhandel. Allgemeine Geschäftsbedingungen von Hotels können zudem die Prostitution in ihren Hotels verbieten.

Vision-Apartments sind im Grossraum Zürich verbreitet. Wir schreiben gegen 100 Prostituierte in drei ausgewählten Ortschaften an. Die Antworten kommen von Frauen aus Bordellen, Privatwohnungen oder Apartment-Hotels. 60 davon aus Vision Apartments.

Vision Apartments: «Betrifft die ganze Branche»

Gegenüber der «Rundschau» weist Vision Apartments den Vorwurf zurück, illegale Prostitution zu tolerieren. Und hält schriftlich fest, in allen Vision-Liegenschaften sei Sexarbeit verboten.

Zur «Verhinderung missbräuchlicher Nutzung» von Apartments seien «seit langem» mehreren Massnahmen ergriffen worden, wie Buchungsprüfungen und Zutrittskontrollen. Und: «Die nicht vertragskonforme Nutzung von Serviced Apartments» betreffe die ganze Branche.

Stellungnahme Vision Apartments

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1. Die nicht vertragskonforme Nutzung von Serviced Apartments, wozu jede gewerbliche Nutzung gehört, betrifft die ganze Branche (Serviced Apartments, Hotellerie, Airbnb etc.).

2. VISIONAPARTMENTS hat seit langem eine Reihe von Massnahmen zur Verhinderung missbräuchlicher Nutzung implementiert. u.a. – Prüfung und Filtermechanismen bei digitalen Buchungen – Kontrollen durch Mitarbeitende an der Rezeption – Präsenz von Hospitality- und Security-Personal vor Ort – Videoüberwachung in öffentlichen Bereichen – Enge Zusammenarbeit mit Behörden

3. Die Rundschau spricht von 60 Buchungen durch sich prostituierende Personen. Interne Recherchen von VISIONAPARTMENTS haben ergeben, dass es sich dabei meist um eigene Unterkünfte der ausländischen Frauen handelt, die ihrer Arbeit als Prostituierte ausserhalb von VISIONAPARTMENTS nachgehen. Diese mutmassliche Zahl betrifft zudem weniger als 1% des gesamten VISIONAPARTMENTS-Portfolios. Unsere Allgemeinen Vertragsbedingungen verbieten jegliche kommerzielle Tätigkeit – einschliesslich Sexarbeit – in allen unseren Liegenschaften.

4. Mit der Legalisierung der Prostitution in der Schweiz wurden die problematischen Nebenwirkungen des Gewerbes auf die Privatwirtschaft verlagert. VISIONAPARTMENTS bedauert eine insgesamt mangelhafte Unterstützung in diesem Bereich durch die kantonalen Behörden. Es fällt auf, dass in Ländern, in denen Prostitution offiziell verboten ist, keine diesbezüglichen Probleme in unseren Liegenschaften auftreten.

5. VISIONAPARTMENTS investiert kontinuierlich in Technologie, Schulungen und Präventionsmassnahmen, um Missbrauch frühzeitig vorzubeugen.

Zur «Rundschau»-Recherche schreibt das Unternehmen, bei den Buchungen der 60 Sexarbeiterinnen handle es sich meist um «eigene Unterkünfte der ausländischen Frauen». Diese würden ausserhalb von Vision Apartments ihrer Arbeit nachgehen. Und: Bei Vision handle es sich um Einzelfälle, es gehe um weniger als ein Prozent der Apartments.

Gründerin und Geschäftsführerin von Vision Apartments ist Anja Graf. Ein Interview vor der Kamera hat sie abgelehnt.

Rundschau, 26.11.25, 20:05 Uhr

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