Martin Pfister ist in Eile. Statt wie üblich nach 100 Tagen hat der neue Verteidigungsminister seine Schwerpunkte bereits nach rund 50 Tagen vorgestellt. Die Sicherheitslage lasse keine Zeit für langes Schweigen, sagt er. Nie zuvor in den vergangenen Jahrzehnten sei das Land so gefährdet gewesen wie heute. Die Schweiz müsse die Armee wieder prioritär auf Verteidigung ausrichten. Der dringliche Ton also ist gesetzt.
Weiter wie bisher?
Doch wer ebenso dringliche und konkrete Ankündigungen erwartet hat, könnte sich enttäuscht fühlen: Die Ausrichtung der Armee auf die Landesverteidigung entspricht dem politischen Kurs unter Pfisters Vorgängerin Viola Amherd und dem Willen des Gesamtbundesrats.
Offen hingegen sind Fragen zur strategischen Ausrichtung und zur Grösse der Armee sowie – besonders umstritten – zum Geldbedarf.
Mehr Geld, mehr Soldaten – brisante Andeutungen
Darauf allerdings gibt Martin Pfister (noch) keine Antworten. Allerdings macht er brisante Andeutungen: Die Armee solle sich auf die gefährlichsten Ereignisse vorbereiten – und nicht «nur» auf die wahrscheinlichsten, findet Pfister. Das würde in der Konsequenz den Kauf von mehr Waffensystemen bedeuten als geplant. Weiter schliesst Pfister nicht aus, dass die Armee künftig mehr Soldatinnen und Soldaten brauchen könnte.
Kurz: Der neue Verteidigungsminister spricht von einer grösseren Armee mit mehr Waffensystemen und mehr Geld. Erste Reaktionen von bürgerlichen Sicherheitspolitikern sind entsprechend positiv. Allerdings: Festlegen will sich der Mitte-Bundesrat nicht. Die Politik müsse Ausrichtung und Finanzierung festlegen, sagt der Mitte-Bundesrat Pfister, der selber zur Politik gehört.
Pfister weckt hohe Erwartungen
Man kann Martin Pfister zugutehalten, dass er nicht vorprescht und den Gesamtbundesrat nicht brüskiert. Schliesslich wurde genau dies zuletzt seiner Vorgängerin Viola Amherd vorgeworfen. Umgekehrt weckt Bundesrat Pfister Erwartungen vor allem im bürgerlichen Lager – ohne gegen aussen den klaren politischen Willen zu signalisieren, diese auch einlösen zu wollen.
Warum er zögert, sagt er gleich selbst: Die Schuldenbremse schränkt den finanziellen Rahmen stark ein. Alle Versuche der letzten drei Jahre, die Schuldenbremse zugunsten der Armee aufzuweichen, sind gescheitert. Erst letzte Woche hat der Gesamtbundesrat den neuesten Anlauf abgelehnt: Er will nichts wissen von einer Wehranleihe zugunsten der Armee.
Unter Druck von zwei Seiten
Bundesrat Pfister steht unter Druck. In der Armeeführung gibt es dem Vernehmen nach Stimmen, die eine Ausweitung des Krieges durch Russland auf andere europäische Länder bereits in wenigen Jahren befürchten und eine massiv beschleunigte Aufrüstung sowie die entsprechenden Zusatzgelder verlangen. Der Druck auf den Neuen an der Departement-Spitze dürfte enorm sein.
Martin Pfister hat sich schon im Bundesrats-Wahlkampf offen gezeigt für die Forderung nach mehr Geld. Allerdings hat das Parlament im Dezember den Finanzrahmen gesteckt, und Finanzministerin Karin Keller-Sutter warnt: Selbst der vom Parlament beschlossene Aufstockungskurs bei den Armeegeldern sei noch nicht finanziert.
Allen Seiten kann Martin Pfister nicht gerecht werden. Eine klare Linie ist gegen aussen noch nicht erkennbar. Nach nur 50 Tagen im Amt überrascht das eigentlich wenig.