Am Mittwoch herrschte auf der Hauptachse der St. Galler Olma Aufregung. Drei Rinder sind aus dem Olma-Messegelände ausgebüxt. Dabei stiessen die Tiere mehrere Personen um, ein Rind stand einem zweijährigen Mädchen auf den Fuss, ein sechsjähriger Junge wurde umgestossen und an der Lippe verletzt. Dies teilte die Polizei mit. Christian Manser, Präsident der Olma-Tierschauen und «Kuhflüsterer», schätzt den Vorfall ein.
SRF News: Was ging den ausgebüxten Rindern durch den Kopf?
Christian Manser: Als Fluchttier versucht ein Rind, eine neue Situation einzuschätzen. Es überlegt: Ist die Situation gefährlich? Muss ich mich zurückziehen? Darf ich hier durchlaufen? Wenn nun etwas sehr schnell an die Kuh herankommt, muss sie reflexartig reagieren. Die Flucht ist dann die einzige Chance zu überleben. Genau das ist an der Olma passiert. Die Tiere erschraken wegen einer Kleinigkeit und konnten diese nicht einordnen. Die Flucht ist dann ein natürliches Verhalten.
Wie schätzen Sie in einer solchen Situation die Gefahr für Mensch und Tier ein?
Schwierig zu definieren. Wenn eine Kuh die Flucht ergreift, rennt sie darauf los und weicht auch nicht mehr aus. Versucht jemand das Rind aufzuhalten, reagiert es nicht darauf. Es ist gefährlich, sich ihm in den Weg zu stellen. Das darf man nicht unterschätzen.
Eines der ausgebüxten Tiere musste erschossen werden, weil es gemäss Polizei und Wildhut aggressiv war. Ist die Aggression auf die Situation zurückzuführen oder kann das auch ein Charakterzug sein?
Tiere haben verschiedene Charaktere. Manche vertrauen Menschen mehr als andere. Und genau daran arbeiten wir: Die Tiere müssen einerseits Vertrauen aufbauen, andererseits auch Respekt. Das geschossene Tier hat Vertrauen und Respekt verloren und wegen der angespannten Situation so reagiert. Hinzu kommt, dass das Tier keinen ruhigen Charakter hatte und am Ende einfach total überfordert war.
Hätten Sie als Kuhflüsterer anders gehandelt?
Ich war zum Zeitpunkt des Vorfalls nicht in der Arena, sah die Kühe aber vorbeilaufen. Wir hatten bereits vorher eine solche Situation mit dieser Kuh. Ich sah, dass sie überfordert war. Daher hatten wir die Leute vorsorglich aus dem Arena-Zelt geschickt. Wenn man mit diesen Tieren unterwegs ist, muss man wissen: Sobald die Polizei oder die Feuerwehr mit Blaulicht dazukommt, wird die Situation für das Tier nicht besser. Der Mix aus allem macht es gefährlich.
Die Tierschutzorganisation Peta kritisiert die Olma als Publikumsmesse, welche Tiere unter Stress setze, spricht von lebensverachtenden Bedingungen. Wie sehen Sie diese Vorwürfe?
Es gibt Tierschutzorganisationen, die generell keine Freude an Nutztierhaltung haben. Ich selbst arbeite viel mit Kühen. Mir ist am wichtigsten, dass es den Tieren an der Olma gut geht. Ich würde eine Ausstellung nicht mehr durchführen, wenn wir laufend gestresste Tiere hätten. Aber ich denke, man kann mit einer Tierausstellung viel Positives bewegen, sowohl bei den Konsumenten als auch bei den Bauern.
Das Gespräch führte Marc Hanimann.