«Schwarzer Donnerstag für Pierre Maudet» – so titelte die Westschweizer Zeitung «Le Temps». Am Donnerstagabend entscheidet das Genfer Kantonsparlament, ob es Maudets Immunität als Regierungsmitglied aufhebt.
Alle Parteien sind dafür und auch Maudet selbst begrüsst dies, um die Vorwürfe zu klären. Denn die Staatsanwaltschaft will wegen Vorteilsannahme im Amt gegen den 40-jährigen Staatsrat ermitteln – im Zusammenhang mit dessen fremdbezahlten Luxusreise nach Abu Dhabi.
Die Linke im Parlament will Maudet deswegen sogar zum Rücktritt auffordern.
Schwierige Lage für die FDP
Diese Situation sei in der Geschichte der FDP des Kantons Genf aussergewöhnlich, weiss der Lausanner Historiker und Buchautor Olivier Meuwly. Die Unsicherheit mache der Partei zu schaffen, sagt Meuwly, der selbst FDP-Mitglied ist.
«Sollte es zu einem Rücktritt kommen, gäbe es eine Neuwahl. Und die Wahl einer einzigen Person mitten in der Legislatur ist für eine Partei immer heikel», so Meuwly.
Im Kanton Waadt zeigt sich eine ähnliche Situation: Auch gegen den FDP-Staatsrat Pascal Broulis steht der Vorwurf der Vorteilsannahme im Amt im Raum. Auslöser ist eine Reise nach Russland, die Broulis nur zum Teil selbst bezahlt hat. Die Staatsanwaltschaft hat eine Voruntersuchung eingeleitet.
Gefährlicher Image-Verlust
Dass gleich zwei Aushängeschilder der FDP so im Gegenwind stehen, könnte der Partei in der Romandie schaden, sagt der Genfer Politologe Pascal Sciarini zu «Schweiz aktuell»: «Beide sind Zugpferde ihrer Partei. Sind sie geschwächt, könnte die FDP Wähler verlieren.» Dazu komme ein möglicher Image-Verlust: So könnte die wirtschaftsfreundliche FDP in diesen beiden Affären als allzu wirtschaftsnah wirken.
Parallelen gebe es zwischen den beiden Fällen vor allem auf psychologischer Ebene, sagt Sciarini: Beide Politiker hätten es weit gebracht und genössen grosse Glaubwürdigkeit. «Vielleicht haben sie dadurch den Kontakt zur Realität verloren und sich vielleicht Dinge erlaubt, die sie sich nicht hätten erlauben sollen.»
Laut Meuwly Fälle nicht direkt vergleichbar
Trotzdem sind die beiden Fälle für den Historiker Olivier Meuwly nicht gleich gelagert. Zwar sei der Vorwurf derselbe. Aber «bei Pascal Broulis sind die Fakten schon lange bekannt. Pierre Maudet hingegen hat zugegeben, dass er versucht hat, die Fakten seiner Geschichte umzuschreiben.»
Ob die Affären Maudet und Broulis für die FDP in der Romandie tatsächlich zur Hypothek werden, bleibt abzuwarten. Am Donnerstag und am Freitag beschäftigt sich auch noch die Konferenz der kantonalen Justiz- und Polizeidirektoren (KKJPD) mit dem Strafverfahren gegen Maudet. Der betroffene Genfer Staatsrat präsidiert derzeit die Konferenz. Die Resultate werden für Freitag erwartet.
Für beide Politiker gilt die Unschuldsvermutung.