Was ist passiert? Eine muslimische Frau berichtete in den sozialen Medien, ihr sei in Genf der Zutritt in eine Bar verweigert worden, weil sie ein Kopftuch getragen habe. Mehrere Medien haben diese Geschichte in den letzten Tagen aufgegriffen. Die Betreiber des Lokals halten allerdings dagegen und verweisen auf eine interne Regelung, die «jegliche Kopfbedeckung ohne Unterschied» verbietet.
Darf eine Bar Kopfbedeckungen verbieten? Ein Lokal dürfe Kleidervorschriften erlassen, sagt Rechtsanwalt Marc Weber, der sich auf den Bereich Gastronomie spezialisiert hat, das gewähre das Hausrecht. «Ein privater Gastgeber kann grundsätzlich frei entscheiden, wen er bedienen möchte.» Er könne beispielsweise vorgeben, dass er keine Gäste mit Flipflops oder zerrissenen Hosen wünsche. Solche Einschränkungen seien auch bei Kopfbedeckungen denkbar, «solange diese Einschränkungen nicht diskriminierend sind».
Wann wird eine Regel diskriminierend? «Wenn das so einfach wäre», sagt Urs Saxer, Staatsrechtsprofessor an der Universität Zürich. Es gebe auf diesem Gebiet bislang nur wenig bundesgerichtliche Urteile. Von einer Diskriminierung könne man ausgehen, wenn eine Regel das Antirassismus-Gesetz verletzt, also wenn ein Betrieb Gäste beispielsweise explizit wegen ihrer Hautfarbe, Herkunft oder Religion ausschliessen würde. Ein generelles Verbot von Kopfbedeckungen sei indes nicht per se diskriminierend.
Was ist mit der Religionsfreiheit? Religionsfreiheit sei ein Grundrecht und jeder Mensch habe Anspruch darauf, sagt Saxer, aber einfordern könne man dieses Recht in erster Linie gegenüber dem Staat und nicht gegenüber anderen Menschen. Ein privater Gastgeber müsse einem Gast nicht die Ausübung seiner Religionsfreiheit ermöglichen, er dürfe nur nicht eine Religion speziell diskriminieren.
Theoretisch darf man auch völlig willkürlich Gäste abweisen, solange man dabei nicht diskriminiert.
Gibt es keine Pflicht, Gäste zu bedienen? Kurz und knapp: Nein. Das Hausrecht reicht ziemlich weit und niemand hat einen Anspruch darauf, in ein Lokal eingelassen zu werden. «Theoretisch darf man auch völlig willkürlich Gäste abweisen», sagt Marc Weber, «solange man dabei nicht diskriminiert.» Das kenne man zum Beispiel von der Disco, wo schlicht und einfach der Türsteher entscheidet, wer ihm passt für den Gäste-Mix.
Was sagt der Verband Gastrosuisse zu alledem? «Wir sind die Branche der Herzlichkeit», sagt Beat Imhof, Präsident von Gastrosuisse. Der Verband empfehle seinen Mitgliedern, grundsätzlich alle Gäste offen zu empfangen, man müsse schon einen guten Grund haben, jemanden nicht zu bedienen. «Wenn Sie mich persönlich fragen: Ich kann verstehen, wenn man möchte, dass Gäste nicht mit Baseball-Caps am Tisch sitzen. Aber wenn eine Regel dann dazu führt, dass Frauen mit Kopftüchern ausgeschlossen werden, ist das keine gute Idee.»
Nehmen Kleidervorschriften eigentlich zu? Im Gegenteil. «Früher war es in noblen Restaurants oder 5-Sterne-Hotels noch üblich, dass Männer nur bedient werden, wenn sie eine Krawatte tragen», sagt Imhof. Heute sei man diesbezüglich viel lockerer. Aber beispielsweise Shorts oder Sandalen seien in manchen Lokalen nach wie vor nicht gerne gesehen.