Tatjana Oertle und Riccardo Balmelli sind 28 Jahre alt und stolze Schafbesitzer. Aber die Schafe sollten eigentlich nur der Anfang sein. Sie hätten gerne auch Rinder und etwas Gemüse- oder Obstbau. Bereits seit drei Jahren suchen die beiden in der ganzen Deutschschweiz einen Hof, am liebsten als Pacht.
Immer weniger Höfe
Es scheitere an immer wieder anderen Gründen, erzählt Tatjana Oertle. Einen Kauf können sie sich heute noch nicht leisten, und nur die Betriebsleitung wäre ihnen zu wenig. «Häufig werden die Höfe nach der Pensionierung auch aufgegeben. Anliegende Landwirte übernehmen das Land, die Familie kann im Hof wohnen bleiben. So gibt es immer weniger Höfe», sagt sie.
Bereits einen Hof hat die Familie Jenni aus Oberkulm im Aargau. Auf dem «Tuetli» wohnt das Ehepaar zusammen mit seinen beiden Kindern. Seit 2019 sind sie nun auf diesem Hof, haben Kühe und Schweine und bauen Gemüse an.
Das liebe Geld
Sie sind nach eigenen Worten angekommen und wollen bleiben. Das erste Jahr sei streng gewesen, so Anna Jenni: «Am Anfang wussten wir ganz viel nicht. Wir wussten zwar, dass man güllen muss, aber nicht genau, wann.» Der «Schweizer Bauer» habe sie gelehrt, wie es läuft und wann die anderen Bauern im Tal güllen.
Familie Jenni hat 1.6 Millionen Franken für den Hof bezahlt – viel Geld für eine junge Familie. Schlussendlich hat es nur mit Unterstützung einer Stiftung geklappt. Heute arbeiten beide noch extern – zwischen 20 und 50 Prozent. Das mache Spass, entlaste aber auch das Familienbudget, so die Jennis.
Wie die Familie Jenni oder das Paar Oertle-Balmelli gibt es viele junge Leute. Landwirtschaftliche Ausbildungen boomen. Jahr für Jahr machen aber auch viele Bauernbetriebe für immer dicht.
«Jeder Hof zählt»
Die Kleinbauernvereinigung hat eine Anlaufstelle für ausserfamiliäre Hofübergaben eingerichtet und vermittelt. Laut Leiterin Miriam Bühler gibt es dreimal mehr Suchende als Abgebende. Aktuell sind es 53 Höfe für 150 Interessenten.
Zugleich verschwinden zurzeit jedes Jahr ungefähr 500 Höfe. Deshalb hat die Kleinbauernvereinigung zusammen mit Partnerorganisationen letztes Jahr die Petition «Jeder Hof zählt» eingereicht.
Zudem ist die Finanzierung immer wieder schwierig: Wechselt ein Betrieb innerhalb der Familie, läuft das zum Ertragswert. Ausserhalb der Familie wird der Hof zum Verkaufswert verkauft. Das macht oft bis zum Dreifachen des Ertragswerts aus. Ältere Bauernpaare sind auf einen guten Erlös angewiesen, denn es ist häufig Teil ihrer Pension.
Politik reagiert
Hofsuchende sind deshalb auf die Starthilfe des Bundes und auch auf Stiftungen angewiesen. Aktuell läuft die Revision des bäuerlichen Bodenrechts. In der Begleitgruppe werden auch finanzielle Erleichterungen für Suchende diskutiert.
Aufgeben ist nämlich für viele Paare oder Familien keine Option. Auch Tatjana Oertle und Riccardo Balmelli wollen suchen, bis sie einen Hof finden: «Wir geben unseren Traum nicht auf. Wir wollen einen Platz für uns und unsere Schafe finden», betont sie.