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Umstrittenes Kükentöten
Aus 10 vor 10 vom 28.03.2018.
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Aussortiert und weggeworfen Nur einige Nischenanbieter beenden das Kükentöten

Die dunkle Seite der Eierproduktion in der Schweiz: Noch immer werden Millionen männlicher Küken direkt nach dem Schlüpfen getötet.

Früher ging alles seinen ganz natürlichen Weg: Auf dem Bauernhof legten die Hennen Eier und die Hähne wurden irgendwann zum Sonntags-Poulet. Doch die moderne Nahrungsmittelindustrie hat die Hühnerrassen auf Effizienz spezialisiert. Sie eignen sich entweder fürs Eierlegen oder als Mastpoulets.

Die dramatische Folge davon ist, dass die männlichen Küken überflüssig sind und nach dem Schlüpfen aussortiert und getötet werden. Das passiert weltweit und auch in der Bio-Branche.

Dieser Missstand ist seit Jahren bekannt. Nur wenige Nischenanbieter verzichten in der Schweiz auf das Töten der männlichen Küken, wie Recherchen von «10vor10» zeigen.

  • Für das Bio-Label «Demeter» werden ab 2019 keine männlichen Küken mehr sterben müssen. Es ist das erste Label, das ganz auf die Kükentötung verzichtet unter dem Namen «Hahn im Glück». «Es geht um Lebewesen. Wir dürfen nicht einfach sagen, die eine Hälfte brauchen wir, die andere werfen wir fort», erklärt Herman Lutke Schipholt, Präsident des Schweizerischen Demeter Verbands.
  • Die Migros verkauft Eier aus dem «Hahn im Glück»-Projekt, aber einzig in ausgewählten Läden der Genossenschaft Migros Zürich und in Alnatura Bio-Läden.
  • Aldi Suisse bietet seine Schweizer Eier der Marke Nature Suisse Bio ab Februar gemäss einer Mitteilung unter dem Bruderküken-Programm «henne & hahn» an. Dabei wird für jedes Ei die gleiche Anzahl männlicher Küken grossgezogen.
  • Coop hat bereits 2014 einen Versuch mit sogenannten «Zweinutzungshühnern» gestartet, also Hühner, die gleichermassen für die Eierproduktion und die Mastleistung gezüchtet werden. Bisher machen schweizweit fünf Betriebe mit.
  • KAGfreiland will im Laufe des kommenden Jahres ebenfalls die Aufzucht von Junghähnen intensivieren. «Die Branche macht zu wenig. Man spricht viel und klärt ab. Aber man kann das Problem nicht aussitzen», kritisiert Tanja Kutzer, Geschäftsleitungsmitglied von KAGfreiland. Man könne aber nicht vollständig auf das Töten von Küken verzichten.

Diese Liste ist nicht abschliessend. Auffallend ist aber, dass die Bio-Branche insgesamt wenig Initiative zeigt. Das erstaunt, denn Österreich zeigt, dass es auch anders geht.

Ein paar Cent beenden die Kükentötung

Die Bio-Branche in Österreich hat 2016 beschlossen, keine männlichen Küken mehr zu töten. Um die unrentable Mast der Hähne zu unterstützen, zahlen die Konsumenten für Bio-Eier ein paar Cent mehr. Im «Kassensturz» sagte bereits 2016 Lukas Inderfurth von Bio Suisse, es sei der Moment gekommen, um auch in der Schweiz das Töten von Küken zu beenden.

Doch getan hat sich wenig. «Wir sind wie ein riesiger Tanker, den man nicht von heute auf morgen umstellen kann», sagt Inderfurth. Man betreibe intensiv Forschung und mache Abklärungen. «Wir sind unseren Bauern gegenüber verpflichtet. Die Frage ist, ob die Produkte überhaupt Abnehmer finden würden.»

Mehr Kosten und Platzbedarf

Doch das Hauptproblem sind die Kosten und der Platzbedarf für die Aufzucht der sogenannten Bruderhähne. Das zeigt eine neue Studie des Forschungsinstituts für biologischen Landbau (FiBL) in Frick (AG).

«Das Problem ist, dass sowohl bei den auf Legeleistung spezialisierten Hühnern wie auch bei den Zweinutzungshühnern die Mastleistung der männlichen Küken oder Hähne schlechter und eingeschränkter ist im Vergleich mit einer auf Mastleistung gezüchteten Linie», erklärt Florian Leiber. Das heisst, um gleichviel Pouletfleisch zu erzeugen, müssen die Bruderhähne viel länger gemästet werden. «Das bedeutet einen höheren Verbrauch an Futter, Wasser, Stallplätzen», sagt Leiber.

Mastpoulets und ein kleinerer «Bruderhahn».
Legende: Der Unterschied zwischen normalen Mastpoulets (links) und einem gleich alten «Bruderhahn»-Tier (rechts). SRF

Geschlechtsbestimmung bereits im Ei

Ein Grossteil der Branche hofft jetzt auf eine neue Technologie, die fast alle Probleme lösen soll: die Geschlechtsbestimmung im Ei. Hauptsächlich in Deutschland und Kanada wird dazu schon seit Jahren geforscht, der grosse Durchbruch blieb bisher jedoch aus. Mit der sogenannten In-Ovo-Geschlechtsbestimmung soll es aber in Zukunft möglich sein, bereits nach wenigen Tagen das Geschlecht des Küken-Embryos im Ei bestimmen zu können. Damit würden Eier mit männlichen Küken unter anderem als Tierfutter aussortiert, bevor das Küken überhaupt schlüpft.

In Deutschland soll in einer Brüterei Ende Jahr ein erster Testbetrieb anlaufen. Bis die Technik aber sich in den Betrieben durchsetzt kann es Jahre dauern.

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