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Ausstellung in Deutschland Das Schicksal des Zürcher Landwirts Albert Wirz auf der Titanic

Unter den Titanic-Opfern war auch ein Landwirt aus Uster. Dem Schicksal widmet sich nun eine Ausstellung in Deutschland.

«Es war eigentlich ein gewöhnliches Schicksal eines einfachen Landwirts, der auf eine bessere Zukunft gehofft hatte», sagt Günter Bäbler, Präsident des Titanic-Vereins Schweiz. Er meint damit das Schicksal des Zürchers Albert Wirz und spricht über eine Geschichte voller Hoffnung und einen tragischen Tod.

Albert Wirz' Aussichten für eine sorgenfreie Zukunft waren schlecht – als zweitgeborener Sohn eines Landwirts aus Uster. Deshalb entschloss er sich im Jahr 1912, das Zürcher Oberland zu verlassen und sein Glück in Amerika bei seiner Tante zu suchen. Mit allerlei Jobs sparte er Geld und machte sich auf den Weg in den US-Bundesstaat Wisconsin.

Für 400 Franken: Von Uster nach Wisconsin

«Er kaufte ein Pauschalangebot, das auf ihn zugeschnitten war», so Bäbler. «Von Uster bis Beloit, Wisconsin war im Ticket alles dabei – Übernachtungen, Mahlzeiten, alles.» Rund 400 Franken bezahlte der noch keine 30 Jahre alte Wirz für das Komplettpaket.

Und so reiste Wirz mit Zug und Schiff nach Southampton in Grossbritannien und schiffte sich dort als Passagier der dritten Klasse auf der Titanic ein. «Die dritte Klasse durfte aus Gründen der Quarantäne nicht mit den anderen Klassen gemischt werden.» Bäbler sagt: «Teilweise nur durch dünne Wände getrennt haben sich Menschen unterschiedlicher Klassen nie zu Gesicht bekommen.»

Alte Taschenuhr mit patiniertem Gehäuse und verblasstem Zifferblatt.
Legende: Albert Wirz' Taschenuhr blieb beim Untergang der Titanic stehen. Sie zeigt ziemlich genau den Zeitpunkt seines Todes an. Stadtarchiv und Kläui-Bibliothek Uster / Fotograf: Günter Bäbler

Die Reise von Albert Wirz sollte aber schon in der Nacht vom 14. auf den 15. April enden. Nach dem Zusammenstoss der Titanic mit einem Eisberg ertrank Albert Wirz im eisigen Nordatlantik. Er schaffte es zwar noch an Deck.

Aber: «Die Überlebenschancen in der dritten Klasse waren sehr gering», so Bäbler. «Die Rettungsboote waren in der ersten und zweiten Klasse angeordnet.» Menschen aus der dritten Klasse hatten schlechte Karten.

Alte, geöffnete schwarze Ledertasche auf heller Oberfläche.
Legende: Auf dem Portemonnaie von Albert Wirz sind noch seine Initialen zu erkennen. ZVG: Einfach Zürich, Foto: Mara Truog

Suchboote fanden in der Folge seine Leiche – Papiere, Portemonnaie, Taschenuhr hatte er noch auf sich. Wirz' Habseligkeiten wurden seiner Familie in Uster geschickt und gelangten so Jahrzehnte später in den Besitz der Ustemer Kläui-Bibliothek.

Für eine Ausstellung: Von Uster nach Rosenheim

Albert Wirz wurde 1912 in Beloit, Wisconsin begraben. Seine Geschichte kann nun im deutschen Rosenheim genau studiert werden. Für die Ausstellung hat das Stadtarchiv Uster den Heimatschein, den Reisevertrag, eine Bahnkarte, die Taschenuhr sowie einen Brief aus dem Nachlass von Albert Wirz ausgeliehen.

Historischer Reisevertrag von Louis Kaiser in Basel mit Stempeln und handschriftlichen Notizen.
Legende: Mit diesem Reisevertrag machte sich Albert Wirz auf den Weg von Uster in die USA. Stadtarchiv und Kläui-Bibliothek Uster / Fotograf: Günter Bäbler

Das Portemonnaie hingegen befindet sich bereits seit 2023 als Leihgabe in der Ausstellung «Einfach Zürich» im Landesmuseum in Zürich.

Der Kontakt zwischen Uster und Rosenheim wurde auch von Günter Bäbler hergestellt. Er ist nicht nur Präsident des Titanic-Vereins Schweiz, sondern auch Vorstandsmitglied des Vereins der Freunde der Paul-Kläui-Bibliothek.

Erste Wirz-Ausstellung im Ausland

«Seit über vierzig Jahren interessiere ich mich für die ‹Titanic›, seit 35 Jahren ist für mich die Kläui-Bibliothek ein fester Bestandteil dieser Geschichte», sagt Bäbler. «Die Dokumente, die nach dem Untergang der Titanic auf der Leiche von Albert Wirz gefunden und nach Uster geschickt wurden, geben einen einzigartigen Einblick in das Leben eines Auswanderers im Jahr 1912.»

Weiter betont Bäbler, dass die Habseligkeiten von Albert Wirz von grosser, internationaler Bedeutung seien. Er freue sich, «dass sie in Rosenheim erstmals im Ausland gezeigt werden können und dort einen zentralen Bestandteil der Ausstellung darstellen.»

Regionaljournal Zürich Schaffhausen, 5.5.2025, 12:03 Uhr ; 

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