Eine Gruppe junger Menschen stapft durch den Wald, ausgerüstet mit Helmen, Beilen und Eimern. Hier an den Berghängen des Val Ferret im Unterwallis sollen sie während fünf Tagen Bäume fällen, Steine aufsammeln und Büsche stutzen – und ganz nebenbei miteinander in Kontakt kommen.
Die Jugendlichen würden sich sonst wohl kaum je treffen.
Zur Gruppe Jugendlicher gehören neben Schülerinnen und Schüler aus Steffisburg auch minderjährige Asylsuchende aus Afghanistan, Syrien, Somalia und Iran. Junge Männer, die ohne Familie in die Schweiz geflüchtet sind und bis zu ihrer Volljährigkeit in einer Unterkunft in Huttwil leben.
In der gemeinsamen Projektwoche sollen Vorurteile abgebaut werden. «Die Jugendlichen sind ähnlich alt und wachsen alle im Kanton Bern auf, trotzdem würden sich ihre Wege im Alltag wohl kaum je kreuzen», so Kaspar Zürcher. Er leitet die Stiftung Bildungswerkstatt Bergwald, welche diese Zusammenkünfte seit zwei Jahren organisiert.
Kaspar Zürcher ist überzeugt: «Begegnungen wie diese sind die beste Rassismusprävention.» Diese Überzeugung teilt auch die Klassenlehrerin aus Steffisburg, Nathalie Wacker. «Die Schülerinnen und Schüler bekommen einen neuen Blick auf die Nachrichten aus aller Welt. Durch den Kontakt mit den Geflüchteten lernen sie eine neue Realität kennen.»
Bereits im Juni hat eine Schulklasse aus Steffisburg an einer Begegnungswoche teilgenommen. «Die Begegnung mit den Geflüchteten hat die Jugendlichen auch nach dem Lager noch beschäftigt», erzählt Nathalie Wacker.
Und was sagen die Jugendlichen?
Auch die Teilnehmenden im Wallis machen sich ihre Gedanken. Eine Schülerin aus dem Berner Oberland beispielsweise grübelt über das Frauenbild der Asylsuchenden nach. «Ich habe da schon einige Vorurteile, wenn ich daran denke, wie in ihrer Heimat mit Frauen umgegangen wird», gibt sie zu. «Hier im Lager habe ich den Eindruck, dass sie einerseits eigentlich gar nicht mit uns Frauen arbeiten wollen, es andererseits aber auch spannend finden.»
Sie mache ungewohnte Erfahrungen, etwa, dass die jungen Männer aus Afghanistan ihr den schweren Eimer mit den gesammelten Steinen tragen wollen. Dies sei sie sich von Gleichaltrigen aus der Schweiz nicht gewohnt. Sie könne nicht sagen, ob dies das gut oder schlecht finde, es sei «einfach anders».
Nicht ganz einfach sei manchmal die Kommunikation, erzählt ihr Klassenkamerad. Die Geflüchteten aus Afghanistan sprechen kaum Deutsch, sind sie doch erst seit kurzem in der Schweiz. «Bemüht man sich, kann man sich aber trotzdem austauschen. Es ist spannend, neue Leute kennen zur lernen und Zeit zusammen zu verbringen.»
Sein Gspändli aus Afghanistan nickt. Auch ihm gefällt die Begegnungswoche im Wallis: «Ich mag die Arbeit in der Natur. Und ich mag, dass sich alle gegenseitig helfen.»