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Auswilderung von Wildtieren Deutsches Vorbild am Ende: Wie weiter mit Solothurner Wisenten?

Ein Versuch zur Auswilderung von Wisenten in Deutschland scheint gescheitert. Was heisst das für das Projekt in Solothurn?

Am Schluss waren die Schäden am Wald zu gross. Nach knapp zehn Jahren steht das Auswilderungsprojekt für Wisente im deutschen Siegen-Wittgenstein zwischen Frankfurt am Main und Dortmund vor dem Aus. Der Trägerverein hat vor einigen Tagen den Vertrag mit den Behörden gekündigt. Zu gross waren die Probleme mit Waldbesitzern geworden. Die 25 Tiere laufen frei herum. Wer nun für sie zuständig ist, ist noch unklar.

Die Auswilderung im deutschen Rothaargebirge ist Vorbild für den Verein Wisent Thal. Seit knapp drei Wochen leben im Solothurner Jura fünf Wisente in einem Eingewöhnungsgehege. Ende Oktober oder Anfang November sollen die Tiere in ein 50 Hektar grosses Gehege ziehen, bevor sie nach zwei Jahren eingezäunt auf 100 Hektar leben. Dies mit dem Ziel, die Tiere, wenn möglich, nach insgesamt fünf Jahren frei im Thal herumziehen zu lassen – so wie in Deutschland.

Weniger Probleme dank Gerichtsurteil?

Was heisst das Aus des deutschen Projekts für den Solothurner Versuch? Das grosse Konfliktpotential sei dem Verein Wisent Thal immer bewusst gewesen, sagt Projektleiter Otto Holzgang. Die aktuelle Entwicklung beim deutschen Projekt komme aber trotz des engen Austausches überraschend.

Trotzdem will Projektleiter Holzgang nicht von einem Ende des Versuchs in Deutschland sprechen. Die betreute Herde sei nun eine wild lebende Herde und die Tiere geschützt.

Auch sei die Ausgangslage im Rothaargebirge und im Thal unterschiedlich. Beschwerden gegen das Solothurner Projekt gingen bis vor Bundesgericht. Obwohl dies viel Zeit gekostet habe, seien mögliche Probleme durch das demokratische Verfahren lange und breit diskutiert worden.

Und: Im Gebiet des deutschen Versuchs bestehe der Wald vor allem aus Fichten. Im Solothurner Jura habe es aber viele Buchen. Darum wolle Wisent Thal herausfinden, welche Baumschäden die Tiere im Thal anrichten, so der Projektleiter.

Gegner sehen sich bestätigt

Seine Vorbehalte bestätigt sieht hingegen Edgar Kupper, Geschäftsführer des Solothurner Bauernverbands. Der Verband unterstützte die Bauern im Thal beim Gang durch die Instanzen bis vors Bundesgericht. Es zeige sich, dass der Versuch im Jura unnötig sei. Das Verhalten der Wisente in freier Wildbahn sei bekannt und ein Auswilderung im Thal nicht gesellschaftsfähig.

Waldschäden durch Wisente würden auch in der Schweiz nicht akzeptiert, so Kupper. Und er wiederholt seine Befürchtungen, dass die Tiere Felder der Landwirte zerstören und den Verkehr gefährden würden, falls sie freigelassen werden. Auch sei die Art, wie der Verein im Rothaargebirge den Versuch abgebrochen habe, ein unschönes Vorgehen. Die Tiere seien als herrenlos erklärt worden, mit der Idee, dass sich der Staat um sie kümmern soll.

Die Kritik ändert aber bis auf Weiteres nichts am Projekt im Solothurner Thal. Der Versuch ist von den Behörden für fünf Jahre bewilligt. So lange können die Wisente im grossen Gehege leben. Für eine Auswilderung bräuchte es eine weitere Bewilligung. Diese will der Verein Wisent Thal nur beantragen, wenn der Versuch mit der eingezäunten Herde erfolgreich verläuft und ein freies Umherziehen möglich scheint.

Regionaljournal Aargau Solothurn, 03.10.2022, 17:30 Uhr ; 

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