Entflechten und mehr Spuren auf mehreren Ebenen: Der Autobahnknoten Bern-Wankdorf soll um- und ausgebaut werden. Keine einfache Sache: Das Strassen-Wirrwarr gehört zu den wichtigsten Anschlüssen in der ganzen Region Bern. Kostenpunkt: 250 Millionen Franken. Gegnerschaft: bereits formiert. Es gibt nämlich einen Widerspruch.
Die rot-grüne Stadt Bern mag keine Autos. Sie möchte sie am liebsten ganz verbannen; hebt sie doch reihenweise Blaue-Zonen-Parkplätze auf und führt immer mehr Tempo-30-Zonen ein. Erst kürzlich hat die Stadtregierung mitgeteilt, das Tempo auf neun weiteren Strassen zu drosseln. Dieselbe Stadt steht jedoch auch hinter dem Ausbau der Autobahn rund um Bern.
Was ist da geplant?
Das Zauberwort lautet «Entflechtung». Velofahrerinnen und Fussgänger sollen einen Stock über dem Strassenverkehr unterwegs sein. Darum sollen Brücken gebaut werden, welche den Langsamverkehr auf eine zweite Ebene heben, ohne dabei wie bisher von Ampeln unterbrochen zu werden.
Wie das mit der «Entflechtung» funktionieren soll
Unterhalb der neuen Brücken sind neue Ein- und Ausfahrtsrampen für die Autos geplant. Man soll beispielsweise von der Autobahn direkt zum Bernexpo-Gelände gelangen können. Der Rest des Quartiers wird vom Verkehr entlastet. Der Bundesrat genehmigte das Projekt Mitte 2020. Nun wird es bis am Ende Februar öffentlich aufgelegt.
Die Entflechtung des Autobahnknotens Wankdorf sei nötig, um das wachsende Verkehrsaufkommen bewältigen zu können, und wichtig für die Sicherheit auf dem Knoten, der als Unfallschwerpunkt gelte, so das Bundesamt für Strassen Astra und. Zudem sei sie wichtig, um weitere Projekte umsetzen zu können.
Links-grüne Kreise befürchten einen ökologischen Sündenfall. Das Projekt sei «aus der Zeit gefallen», kritisiert etwa der Verein Spurwechsel. Weniger Staus und flüssigerer Verkehr auf der Autobahn würden noch mehr Verkehr nach sich ziehen. Ausserdem sei mit dem Ausbau des Wankdorf-Knotens der Grundstein für weitere Ausbauprojekte im Raum Bern gelegt, etwa für den Achtspur-Ausbau der Grauholz-Autobahn. Um die Klimaziele zu erreichen, brauche es weniger Verkehr und nicht noch mehr.
Die Pläne seien ein Widerspruch zur Strategie der Stadt Bern, sagt Franziska Grossenbacher vom Verein: «Die Stadt Bern baut seit Jahren eine attraktive Veloinfrastruktur und setzt sich zum Ziel, den motorisierten Verkehr zu reduzieren. Dass nun die gleiche Stadt hinter solch einem Projekt steht, hat grosse Widersprüche.»
Schwerer Stand in Bern
Ja, das Geschäft sei in der rot-grün dominierten Stadt Bern deutlich schwerer zu vertreten, gibt Gemeinderätin Marieke Kruit zu. Doch die Stadtregierung habe kritisch und genau hingeschaut. Die Situation beim Anschluss Wankdorf sei sehr unbefriedigend und ohne Massnahmen drohe sie noch schlechter zu werden. Insgesamt stelle das Projekt eine Verbesserung dar, kam Kruit zum Schluss. Trotzdem habe die Stadt eine Einsprache eingereicht.
Das Bundesamt für Strassen dagegen rechnet nach wie vor mit einer Verkehrszunahme, die es zu bewältigen gebe, sonst fliesse der Verkehr in die Quartiere, sagt Direktor Jürg Röthlisberger. Eine Alternative gebe es nicht, zumal die Situation im Wankdorf auch sehr unfallträchtig sei. Pro Monat sei rund ein schwerverletzter Verkehrsteilnehmer zu beklagen, sagt der TCS Club Bern-Mittelland dazu.
In den Anstössergemeinden Ittigen und Ostermundigen wird das Projekt begrüsst, wie die beiden Gemeindepräsidenten Marco Rupp und Thomas Iten sagen. Dort leidet man unter anderem unter dem vielen Verkehr bei Grossanlässen auf dem Areal der Bernexpo.