Quatschen bis tief in die Nacht, Essenspakete auspacken, in der Disco tanzen. Klassenlager bleiben Kindern und Jugendlichen lange in Erinnerung. Eigentlich bezahlen die Gemeinden solche Landschulwochen. Viele können sich diese aber nicht mehr leisten. Aus finanziellen Gründen – nicht zuletzt auch wegen Corona – sparen sie die Schullager weg.
Klassenlager seien aber pädagogisch wertvoll und würden viel für den Klassenzusammenhalt bringen, sagt die bernische Bildungsdirektorin Christine Häsler. Auch die Lehrpersonen könnten dabei die Kinder während einer Woche ausserhalb der Schule begleiten und fördern.
Der Kanton Bern ist zwar finanziell auch nicht auf Rosen gebettet, doch das ist nicht der Grund dafür, dass auch er sich nicht an den Lagerkosten beteiligt. Er darf es von Gesetzes wegen schlicht nicht tun. Deshalb hat die Bildungsdirektion ein Pilotprojekt entwickelt, bei dem Geld gesammelt und verteilt wird: «Dieses zusätzliche Angebot soll die Gemeinden und Schulen unterstützen, noch mehr Lager zu machen oder ihre Lager zumindest durchführen zu können», sagt die Bildungsdirektorin.
Statt die Behörden zahlt die Wirtschaft
Die Mittel dazu kommen von Geldgebern aus der Privatwirtschaft, quasi ein Sponsoring. Diese zahlen insgesamt 440'000 Franken für zwei Jahre in diese neue Kasse. Am meisten bezahlt die Berner Kantonalbank – von ihr gibt es jedes Jahr 100'000 Franken. «Uns ist ganz wichtig, dass alle Kinder die Möglichkeit haben, ein solches Klassenlager besuchen zu können», sagt Antoinette Hunziker-Ebneter, Verwaltungsratspräsidentin der BEKB.
Wenn es um Sponsorings geht, ist Diana Bütikofer, Schulleiterin des Pestalozzi-Schulhauses Stadt Bern aber skeptisch. Alle müssten dieselben Chancen haben: «Nicht, dass gewisse Klassen ein Sponsoring hinbringen und andere nicht.»
Auch Andreas Hachen vom Verband der Schulleiterinnen des Kantons Bern findet, man müsse sich dabei an Regeln halten. «Wir haben als öffentliche Schule eine besondere Verantwortung gegenüber den Schülern und Eltern.» Das Sponsoring müsse transparent sein und es brauche eine Vereinbarung, so Hachen. So wie der Kanton Bern dies aber plane, sei es nicht problematisch, im Gegenteil: «Das hilft uns, denn es wird immer schwieriger, Geld aufzutreiben.»
Keine Werbung bei Kindern
Die Firmen, die Geld geben, hätten keinen Einfluss auf die Inhalte des Lagers, betont Tanja Bauer, Co-Präsidentin des Vereins Chindernetz Bern. Der Nachfolgeverein von Pro Juventute übernimmt die Koordination und Verteilung der Gelder, hat auch bei der Entwicklung des Projektes mitgearbeitet.
Das Geld ist an klare Kriterien geknüpft, die vorgängig abgemacht werden.
Von einem Sponsoring will sie nicht sprechen. Die Kinder im Lager würden nicht mitbekommen, dass da eine Bank mitzahle: «Bei den Kindern darf man weder werben noch Artikel mitgeben, noch darf das Logo auf den Unterlagen, die zur Familie nach Hause gehen, vorkommen», so Bauer. Das Geld der Firmen sei an klare, vorgängig abgemachte Kriterien geknüpft. So muss das Lager die pädagogischen Kriterien des Lehrplans 21 erfüllen und mindestens ein UNO-Nachhaltigkeitsziel vertiefen.
Eine Klasse mit 20 Kindern erhält für fünf Tage maximal 900 Franken, was nicht für ein ganzes Lager reiche, so Bauer. Das sei aber auch nicht die Idee. «Man soll sich damit nicht zurücklehnen können. Es soll den Aufwand für Lehrpersonen und Eltern senken.» Und es soll verhindern, dass allenfalls noch mehr Schullager einfach abgesagt werden.