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Chemie-Ausstellung in den ehemaligen Werksräumen
Aus Regionaljournal Basel Baselland vom 29.08.2022. Bild: Keystone
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Basler Chemie «Nachts schwitzte man die Farbpigmente aus den Poren»

Frühere Chemiearbeiter erzählen in einer Ausstellung von der Industrie und ihrem Einfluss auf die Basler Bevölkerung.

Ausgiebig duschen – das gehörte zum Feierabend-Ritual vieler Arbeiterinnen und Arbeiter der chemischen Industrie in Basel. Man habe sich schrubben können, soviel man wollte, um die Pigmente der Farben vom Körper zu entfernen, erzählt Hans-Georg Heimann: «Nachts schwitzte man die Farbpigmente trotzdem aus den Poren.» Morgens sei sein Bett jedenfalls oft farbig gewesen.

Hans-Georg Heimann arbeitete fünf Jahre lang für die Basler Chemie - der «Chemischen», wie man in Basel sagte. Genauer in der Industriehalle 314 der ehemaligen Chemiefirma Ciba-Geigy. Dort standen früher grosse Farbkessel, denn die Basler Chemie produzierte bis in die 1990-er Jahre Textilfarben.

Bild von oben, man sieht ein Firmengelände mit einem grossen Hochhaus.
Legende: Das Ciba-Hochhaus in Basel im Jahre 1965. Aus Geigy, Ciba und Sandoz wurde später das Pharma- und Chemieunternehmen Novartis. Keystone/ Photopress-Archiv/Str

Jahre nachdem Heimann die Arbeit in der grossen Industriehalle an den Nagel gehängt hatte, ist er wieder dort: mit einer Ausstellung zur Geschichte der Basler chemischen Industrie, welche er zusammen mit Nicolas Schaffner konzipiert hat.

Die chemische Industrie habe das Leben vieler Baslerinnen und Basler geprägt, finden Heimann und Schaffner vom Verein «Industrie und Migrationsgeschichte». Für ihre Ausstellung haben sie deshalb mit mehr als 50 Arbeiterinnen und Arbeitern der ehemaligen chemischen Industrie geredet.

Von der «Chemischen» zur Pharma

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Die Geschichte der Basler chemischen Industrie begann in den 1860-er Jahren. Bis in die 1980-er Jahre wurden in Basel viele Texitlfarben hergestellt. Ab dann nahm die Produktion ab, denn aufgrund der Globalisierung wurde es stets billiger, an andern Orten zu produzieren.

Als dann auch noch die Chemiekatastrophe von Schweizerhalle den Rhein so stark verschmutzte, dass viele Fische starben, rückte das Ende der chemischen Industrie immer näher. In den 1990-er Jahren kaufte die Firma Huntsman dann Vieles auf und verlagerte die Produktion endgültig nach Thailand. Übrig blieben in Basel die beiden Pharmafirmen Novartis und Roche. Auch sie hatten ihre Anfänge in der chemischen Industrie.

«Das Industriezeitalter war ein sehr wichtiger Teil von Basel und das wollen wir dokumentieren, solange das noch möglich ist», sagt Heimann. Die chemische Industrie prägte Basel und Umgebung etwa von 1860 bis in die 1980-er Jahre.

Verdingkind kommt wegen «Chemischer» in die Stadt

Eine der Protagonistinnen in der Ausstellung ist eine Frau, die als Verdingkind in der Ostschweiz auf einem Bauernhof gelebt hatte. Leute vom Landdienst, die auf den Bauernhof gekommen waren, hätten von «der Chemischen» in Basel geschwärmt, erzählt die Frau in einer Tonaufnahme in der Ausstellung. «Da habe ich gedacht; das wäre mal etwas anderes als immer bei den Bauern zu arbeiten.» Die Frau ging nach Basel und verdiente ihren Lebensunterhalt danach während 30 Jahren in der chemischen Industrie.

Da habe ich gedacht; die Chemische wäre mal etwas anderes als immer bei den Bauern zu arbeiten.
Autor: Ehemaliges Verdingkind

Zu hören ist auch eine ehemalige Migros-Verkäuferin, die auf der Suche nach einer Stelle war, bei der sie um 17 Uhr Feierabend machen konnte. Sie hatte nämlich ihre kleine Tochter zu betreuen. «Damals arbeitete man in der Chemischen bis um 17 Uhr.» Sie habe einen Mann gekannt, der für die chemische Industrie gearbeitet hatte und ihn wegen einer Stelle gefragt. «Zwei Tage später konnte ich mich vorstellen und dann bin ich sofort eingestellt worden, ohne eine Aufnahmeprüfung oder Ähnlichem», erzählt sie lachend.

«Heikles Thema» bisher kaum aufgearbeitet

Die Geschichte der chemischen Industrie habe Basel während rund 100 Jahren geprägt und auch Leute in die Stadt geholt, sagen die beiden Ausstellungsmacher. «Die bestehenden grossen Firmen Novartis und Roche haben ihre Geschichte und damit auch ihre eigene Darstellung der Geschichte», erklärt Heimann. «Wir bringen da etwas Exotisches rein.»

Die Ausstellung im Industriegelände ist vorerst für zwei Jahre finanziert. Heimann und Schaffner hoffen allerdings, dass sie mit ihrer Ausstellung derart überzeugen, dass sie zu einer Ausstellung ohne Ablaufdatum werden könnte.

Regionaljournal Basel, 25.08. 2022, 17:31 Uhr;

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