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Bauernlobby im Parlament Die erstarkte Macht der bürgerlichen Bauernfraktion

Die Bauernfraktion im Parlament hat deutlich zugelegt. Eines der neuen Mitglieder ist Vroni Thalmann von der SVP.

Vroni Thalmann ist Bäuerin im Entlebuch (LU). Wir treffen sie an einem Jodelabend im Dorf. Sie spielt leidenschaftlich gerne Handorgel. Ihre beiden Söhne singen dazu. Die Menschen kennen sie hier. Viele haben sie gewählt. Was will sie in der Politik erreichen? Thalmann: «Ich denke, ich schaue, dass man wieder in eine Richtung geht, bei der weniger kontrolliert und nichts umgesetzt wird, was der Natur nichts bringt.»

Auf Linie Bauernverband

Vroni Thalmann ist eine der Neugewählten im Parlament. Politisieren wird sie klar auf Linie des Bauernverbandes. Sie wird sich für weniger Regulierungen, zum Beispiel im Bereich Naturschutz, einsetzen.

Dies zu erreichen, wird künftig einfacher, denn die Bauernlobby hat deutlich zugelegt bei den letzten Wahlen. Verglichen mit 2019 hat sie heute 12 zusätzliche Sitze im Parlament.

40 Parlamentarierinnen und Parlamentarier sind bauernnah

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Von den 50 neugewählten Nationalrätinnen und Nationalräten sind 12 Landwirte oder landwirtschaftsnah. Elf sind von der SVP, einer von der Mitte-Partei.

Insgesamt sind laut dem Schweizer Bauernverband neu 32 Parlamentarierinnen und Parlamentarier im Nationalrat bauernnah: entweder Landwirte oder in einer landwirtschaftlichen Organisation.

Zusammen mit dem Ständerat sind es 40 bauernnahe Parlamentarierinnen und Parlamentarier.

«Wenn wir jetzt alle zusammenstehen, können wir in eine Richtung gehen, die realistisch und umsetzbar ist», sagt Thalmann: «Die Regulierungen gehen langsam allen auf die Nerven.»

Zankapfel Biodiversität

Nicht allen: Im Rat gibt es vereinzelt auch linke Bauern, wie der Grüne Nationalrat Kilian Baumann aus dem Kanton Bern. Der Präsident der Kleinbauernvereinigung kritisiert die Politik des Bauernverbandes. Um der Klimakrise und dem Artensterben zu begegnen, seien Veränderungen nötig, auch in der Landwirtschaft. Denn gerade diese sei besonders betroffen von den Folgen des Klimawandels.

Doch der Bauernverband stelle sich gegen alle politischen Massnahmen in diesem Bereich. Für ihn als Klein- und Biobauer sei dies frustrierend: «Das ist ja nicht irgendeine Idee von mir, sondern die Position der Wissenschaft.»

In der Wintersession 2023 werden gleich mehrere Geschäfte besprochen, die die Biodiversität in der Schweiz fördern möchten, wie beispielsweise der Gegenvorschlag zur Biodiversitätsinitiative. Der Bauernverband lehnt auch diesen ab.

Baumann: «Bauernverband im Machtrausch»

Vroni Thalmann teilt diese Linie. Man müsse erst einmal abwarten, was die bereits beschlossenen Massnahmen brächten. Die Entlebucherin ist überzeugt, dass es in der Schweiz schon heute genug artenreiche Flächen gibt. Und jeder könne ja freiwillig mehr machen.

«Ich habe das Gefühl, dass der Bauernverband mittlerweile in einem Machtrausch ist», meint Kilian Baumann am ersten Tag der Wintersession. Der Präsident des Schweizer Bauernverbandes, Mitte-Nationalrat Markus Ritter, weist den Vorwurf zurück. Auch er wolle eine nachhaltige Landwirtschaft: «Bei uns gehören die Produktion, Ökologie und soziale Ziele zusammen, sie sollen ausgewogen sein. Wir probieren, sie in Einklang zu bringen.» In den letzten Jahren sei die Produktion zu kurz gekommen, diese müsse man mit Blick auf die Ernährungssicherheit wieder mehr in den Vordergrund stellen.

Damit ist klar, in welche Richtung es politisch in den nächsten Jahren gehen wird. 

«Rundschau»

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Mehr zum Thema in der « Rundschau », am Mittwoch, um 20:05 Uhr auf SRF 1.

SRF Rundschau, 06.12.2023, 20:05 Uhr

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