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Bedingte Gefängnisstrafe Erstes Schweizer Urteil zu Genitalverstümmelungen

  • Eine Somalierin ist im Kanton Neuenburg wegen der Beschneidung ihrer beiden Töchter zu einer bedingten Freiheitsstrafe verurteilt worden.
  • Es ist das erste Urteil zu einem relativ neuen Gesetzesartikel.
  • Die Mutter war nach den Eingriffen in Somalia und Äthiopien von ihrem somalischen Mann in der Schweiz angezeigt worden.

Das Urteil war mit Spannung erwartet worden, da es in der Schweiz bisher noch keine Rechtssprechung zu diesem neuen Artikel 124 des Strafgesetzbuches (Verstümmelung weiblicher Genitalien) gab.

Mit sechseinhalb und sieben Jahren verstümmelt

Die beiden Mädchen waren sechseinhalb und sieben Jahre alt, als ihnen zwischen 2013 und 2015 die weiblichen Geschlechtsorgane ganz oder teilweise entfernt wurden. Die mittlerweile in Neuenburg wohnhafte Mutter der Mädchen bestritt diese Fakten nicht.

«Ich masse mir nicht an, die Dinge ändern zu können. Aber vielleicht trägt dieses Urteil dazu bei, das Leid von Millionen von Mädchen zu beseitigen», sagte Nathalie Kocherhans, Richterin des Regionalgerichts. Die Tatsache, dass die Frau zum Zeitpunkt der Eingriffe nicht in der Schweiz, sondern in Somalia gelebt habe, stelle keinen Grund für einen Freispruch dar.

Strafe mit «symbolischem Charakter»

Das Gericht kam der schwierigen persönlichen Situation der Somalierin trotzdem entgegen. Die Analphabetin habe in ihrem Land unter grossem sozialem Druck gestanden, ihre Töchter beschneiden zu lassen. Deshalb habe die Strafe vor allem symbolischen Charakter. Angesichts der Schwere der Tat ist eine Freiheitsstrafe gemäss der Richterin aber trotzdem nötig.

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