Zum Inhalt springen

Berset-Kandidatur «Die Haltung von Pfister betrübt und enttäuscht mich»

Alt Bundesrat Alain Berset will Generalsekretär des Europarats in Strassburg werden – und wird dabei ohne Wenn und Aber von SVP-Nationalrat Alfred Heer unterstützt. Im Interview begründet der ehemalige Präsident der Schweizer Delegation beim Europarat seine klare Haltung – und kritisiert Aussagen von Mitte-Präsident Gerhard Pfister scharf.

Alfred Heer

Nationalrat SVP/ZH, Europaratsdelegierter

Personen-Box aufklappen Personen-Box zuklappen

Der Zürcher SVP-Nationalrat Alfred Heer ist seit 2011 Mitglied der Schweizer Delegation im Europarat. Ab 2016 bis Anfang 2018 war er Präsident der Schweizer Delegation. Unter seinem Präsidium haben die Schweizer ihren Kampf gegen Filz und Korruption noch einmal intensiviert. Heer hat die Untersuchungskommission zu den Korruptionsvorwürfen angestossen.

SRF News: Wieso supporten Sie Ihren ehemaligen innenpolitischen Konkurrenten Alain Berset für das Präsidentenamt beim Europarat?

Alfred Heer: Bersets Kandidatur ist eine gute Idee. Denn es ist wichtig, dass ein Generalsekretär für einmal nicht aus einem Nato- oder EU-Land kommt, sondern aus einem neutralen Staat. Schliesslich vollzieht der Generalsekretär die Beschlüsse des Europarats auf europäischer Ebene.

Es ist wichtig, dass der Europarat nicht ein Anhängsel der EU wird.

Welchen konkreten Nutzen könnte die Schweiz daraus ziehen?

Den politischen Nutzen für die Schweiz darf man sicher nicht überschätzen. Doch es ist wichtig, dass der Europarat nicht ein Anhängsel der EU wird – und das wird leider immer mehr der Fall. Wenn nun ein Schweizer diesen Posten besetzt, könnte er etwas Gegensteuer geben und eine eigenständige Politik verfolgen.

Die Schweizer Diplomatie könnte vermehrt Vermittlerrollen einnehmen.

Zudem: In Europa gibt es derzeit viele Krisenherde – die Ukraine, aber auch Aserbaidschan/Armenien oder die Situation in der Türkei. Mit einem Europarats-Generalsekretär Berset bestünde die Möglichkeit, dass – wenn es von den betroffenen Ländern gewünscht ist – die Schweizer Diplomatie Vermittlerrollen einnehmen könnte.

Pfisters Tweet warf einige Wellen

Box aufklappen Box zuklappen
Gerhard Pfister
Legende: Mitte-Präsident Gerhard Pfister. parlament.ch

Um die Kandidatur von Alain Berset als Generalsekretär des Europarats ist einiger Wirbel entstanden: So erinnerte etwa Mitte-Präsident Gerhard Pfister in einem Tweet an die Aussage Bersets, er sehe, was den Ukraine-Krieg angehe, bei «gewissen Kreisen» einen «Kriegsrausch». Auch, weil sich der Europarat klar gegen Russland positioniert habe, müsse dieser vor der Wahl von den Aussagen Bersets wissen, so Pfister.

Via Europarat könnten die Guten Dienste der Schweiz also vermehrt zum Zuge kommen?

Womöglich, ja. Wir haben ja schon heute mehrere Mandate. So vertritt die Schweiz beispielsweise die Interessen der Russischen Föderation in Georgien und umgekehrt. Die Schweiz könnte auch in anderen Konflikten eine ähnliche Rolle spielen.

Berset hat bislang zwei Konkurrenten

Box aufklappen Box zuklappen
Alain Berset.
Legende: Keystone/Anthony Anex

Neben Berset kandidieren für das Amt des Generalsekretärs des Europarats bislang auch Didier Reynders, Ex-Finanz- und Aussenminister Belgiens und aktuell EU-Kommissar für Justiz und Verbraucherrechte, sowie Indrek Saar aus Estland, ehemals Kulturminister.

Sie und Ihre SVP waren nicht immer auf einer Linie mit Bundesrat Berset – jetzt diese Unterstützung für ihn. Spielt es also keine Rolle, welcher Partei ein Europarats-Generalsekretär angehört, Hauptsache ein Schweizer?

Egal, welche Partei – wir teilen das Schweizer Politsystem mit der direkten Demokratie, dem Rechtsstaat, der Neutralität oder dem Föderalismus. Das alles sind Werte, die alle Parteien verbinden, auch wenn wir politisch nicht immer gleicher Meinung sind.

Solche Leute sind einfach Nestbeschmutzer, die die Interessen der Schweiz verraten.

Was sagen sie zur geäusserten Kritik an Bersets Kandidatur – etwa von Mitte-Präsident Gerhard Pfister?

Wenn Pfister lieber einen Euroturbo wie den belgischen Ex-Minister Didier Reynders als Generalsekretär des Europarats sieht, dann habe ich dafür überhaupt kein Verständnis. Solche Leute sind einfach Nestbeschmutzer, die die Interessen der Schweiz verraten – und dies womöglich aufgrund persönlicher Streitereien mit Berset. Das betrübt und enttäuscht mich. Ich war politisch auch ein Gegner von Bundesrat Berset. Aber jetzt geht es um die Interessen der Schweiz – da will ich lieber einen Schweizer als einen belgischen Euroturbo als Generalsekretär des Europarats.

Mitte-Präsident Gerhard Pfister verzichtete gegenüber SRF auf eine Stellungnahme in der Sache.

Das Gespräch führte Matthias Strasser.

SRF 4 News aktuell, 16.1.2024, 7:10 Uhr ; 

Meistgelesene Artikel