Darum geht es: Im Vordergrund der Gesetzesrevision steht die Harmonisierung der Vergabeverfahren der Kantone und Gemeinden. Zudem geht es um eine Anpassung des Gesetzes an die Richtlinien der Welthandelsorganisation WTO. Weiter soll die Geiz-ist-geil-Mentalität nicht mehr die oberste Maxime beim Beschaffungsverfahren sein. Künftig soll also nicht nur der Preis das wichtigste Argument für den Beschaffungsentscheid sein. Nachhaltige und arbeitsrechtlich korrekte Beschaffungen sowie der Lebenszyklus einer Beschaffung sollen ebenfalls eine Rolle spielen.
Dabei möchte der Bundesrat – auf Antrag von EFD-Vorsteher Ueli Maurer – sämtliche Dokumente in Verbindung mit Beschaffungsverfahren des Bundes dem Geltungsbereich des Öffentlichkeitsgesetzes entziehen. Sollte das Parlament diesem Entscheid folgen, wird es der Bevölkerung und den Medien bald nicht mehr möglich sein, durch Einblick in die entsprechenden Dokumente nachzuvollziehen, wie die Behörden beim Bezug von Gütern und Dienstleistungen mit Steuergeldern umgehen.
Der Nationalrat lehnte die Einschränkung nun entschieden ab. Bei der Beratung dieses Passuses strich die grosse Kammer die Geheimhaltung von Ausschreibungsunterlagen und die Beschränkung des Einsichtsrechts oppositionslos. Die Grüne Regula Rytz (BE) sprach von einem «Angriff auf die Transparenz und die Korruptionsbekämpfung».
Der Bundesrat hatte zuvor befürchtet, dass zu viel Transparenz zu Wettbewerbsmanipulationen führen könnte. Zudem will er das Geschäftsgeheimnis der Anbieter schützen. Im Nationalrat krebste Finanzminister Ueli Maurer etwas zurück: Die Güterabwägung könne auch zugunsten der Interessen der Öffentlichkeit ausfallen, sagte er.
Der Eidgenössische Datenschutz- und Öffentlichkeitsbeauftragte hatte schwere Bedenken gegen die geplante Einschränkung geäussert. Er bezeichnete die Pläne des Bundesrats als «Rückschritt in die Steinzeit». Für Kopfschütteln sorgte auch die Tatsache, dass der Bundesrat den Eingriff weder in die Vernehmlassung geschickt noch offen kommuniziert hatte.
Weiter will der Bundesrat das Beschaffungswesen modernisieren und zum Beispiel die Verfahren künftig elektronisch abwickeln.
So geht es weiter: In der Gesamtabstimmung wurden die Totalrevision und die Anpassungen an das WTO-Übereinkommen deutlich mit 184 zu 1 respektive 176 zu 4 Stimmen angenommen. Das Geschäft geht nun mit den sechs beschlossenen Minderheitsanträgen zur Erstberatung an den Ständerat.
Das sagt der Bundesrat: In der Debatte sprach Finanzminister Ueli Maurer von einem kleinen Kunstwerk. Es sei ein gutes Gesetzeswerk, welches die Verständigung zwischen den Kantonen und Gemeinden vereinfache. Zudem erleichtere die geplante Anpassung an das WTO-Protokoll nicht nur ausländischen Unternehmen sich in der Schweiz zu bewerben, sondern auch Schweizer Unternehmen sich im Ausland an Beschaffungsverfahren zu beteiligen. Das könne auch motivieren und Impulse schaffen, meinte Ueli Maurer. Hier schaffe man aus volkswirtschaftlicher Sicht Vorteile.
Das kann auch motivieren.
Bundesrat Maurer betonte, dass das Gesetz Preis und Qualität auf die gleiche Stufe stelle. Damit gelte es nach dem Prinzip «Das Billigste ist nicht immer das Beste» die Qualität zu beurteilen. Das werde die Spiesse zwischen heimischen und ausländischen Unternehmen gleich lang machen. «Dies ist der rote Faden in diesem Gesetz», schliesst der EFD-Vorsteher.
Die Debatte: Bereits in der Eintretensdebatte wurde klar: Das Gesetz ist zu revidieren und der Nationalrat will nur einzelne Details anpassen. Dies stellte auch Bundesrat Maurer fest. Bei einem Minderheitenantrag meinte er: «Das Gesetz steht und fällt nicht mit dieser Minderheit.»
Das Billigste ist nicht immer das Beste.
Der Wunsch nach Harmonisierung der Verfahren zwischen Bund, Kantonen und Gemeinden war bereits zu Beginn deutlich zu spüren. «Diese Gelegenheit soll genutzt werden», meinte zum Beispiel Nationalrat Olivier Feller (FDP/VD). Mit der Totalrevision würden klare Regeln geschaffen, meinte wiederum der Aargauer GLP-Nationalrat Beat Flach: «Wir brauchen nicht 26 unterschiedliche Bewerbungsverfahren mit unterschiedlichen Regeln und Schwellenwerten.»
Eine Harmonisierung der Verfahren sei allein schon darum nötig, weil vier Fünftel der Vergaben von den Kantonen durchgeführt würden, sagte Leo Müller (CVP/LU). Schliesslich gehe es auch um rund 40 Milliarden Franken, erklärte wiederum Corrado Pardini (SP/BE).
Ein nicht bedingungsloses Ja zur Totalrevision kommt von der SVP. Im Namen ihrer Fraktion forderte Nationalrätin Sylvia Flückiger (AG), dass die Revision im Interesse des Werkplatzes Schweiz liegen müsse: «Wir machen diese Revision für unsere Unternehmen und müssen nicht nur Musterschüler spielen.»
Wir brauchen nicht 26 unterschiedliche Bewerbungsverfahren mit unterschiedlichen Regeln und Schwellenwerten.
Der Aspekt, dass künftig nicht nur das günstigste Angebot den Zuschlag erhalten soll, fand bei vielen Votanten Anklang. Damit werde nicht nur von fairem Einkauf gesprochen, sondern künftig auch gehandelt, meinte Pardini. Mit der Revision werde das Beschaffungswesen nachhaltig ausgerichtet und gesetzlich verankert, erklärte wiederum die Luzerner Nationalrätin Prisca Birrer-Heimo (SP). «Der Staat als grosser Einkäufer erhält eine Marktmacht, die er verantwortungsvoll einsetzen darf.»