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Beschwerde eingereicht Berner Psychiatrie hat sektennahe Psychiaterinnen angestellt

Vertreterinnen der Kirschblütengemeinschaft waren in Münsingen BE tätig. Beim Kanton ist eine Beschwerde eingegangen.

Diese Enthüllung bringt eine der grössten Psychiatriekliniken des Kantons Bern in Erklärungsnot: Während mehrerer Jahre arbeiteten im Psychiatriezentrum Münsingen (PZM) zwei Psychiaterinnen, die der umstrittenen, sektenähnlichen Kirschblüten-Gemeinschaft angehören. Dies zeigen Recherchen des Magazins «Beobachter» . Auch die Tochter des Gründers der Gruppierung, Samuel Widmer, war dort als Psychologin tätig.

Was ist die Kirschblüten-Gemeinschaft?

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Die Kirschblüten-Gemeinschaft wurde 1996 gegründet. In der Solothurner Gemeinde Lüsslingen-Nennigkofen leben laut eigenen Angaben rund 200 Personen, die sich zur Gemeinschaft zählen. Dies ist rund ein Fünftel der Dorfbevölkerung.
Im Dorf ist die Gemeinschaft nicht unumstritten. Für Sektenexpertinnen wie Susanne Schaaf von Infosekta gilt die Lüsslinger Gemeinschaft als «sektenhafte Gruppierung».

Gründer der Kirschblüten-Gemeinschaft war der 2017 verstorbene Psychiater Samuel Widmer. Die Gruppe lebt nach eigenen Regeln. In der Gemeinschaft gehe es laut eigenen Angaben um Selbsterkenntnis zu den Fragen, wie jeder einzelne Mensch wirklich leben möchte und darum, «das Thema Sex, das für viele psychische Krankheiten verantwortlich ist, zu thematisieren und zu enttabuisieren, zum Beispiel mit der Tantrischen Therapie.»

Die Gemeinschaft propagiert beispielsweise freie Liebe. Verschiedentlich wurde ihr auch vorgeworfen, sie praktiziere Therapien mit Sex und Drogen.
Der verstorbene Gründer Samuel Widmer hatte zwei Frauen und elf Kinder, und schrieb in seinen Büchern unter anderem gegen das Tabu des Inzests an. Die Kirschblüten-Gemeinschaft beschäftigte auch die Behörden. So wurde gegen Psychiater Samuel Widmer ermittelt, weil er bei Therapiesitzungen illegale Substanzen eingesetzt haben soll.

Therapeuten und Psychiaterinnen der Kirschblüten-Gemeinschaft vertreten die sogenannte «Echte Psychotherapie». Tragende Elemente sind dabei Tantra-Sexualpraktiken und die Psycholyse, bei der auch illegale Drogen wie LSD und MDMA verabreicht werden. Der Bund anerkennt die Therapiemethoden der Kirschblüten-Gemeinschaft nicht.

Der Dachverband der psychiatrischen Kliniken und Dienste, Swiss Mental Healthcare (SMHC), distanziert sich deutlich von der Gruppierung: «Die Behandlungsmethoden sind inakzeptabel. Inzestuöse Handlungen sowie sexuelle Kontakte zwischen Therapeutinnen und Patienten werden nicht ausgeschlossen», sagt SMHC-Präsident Erich Seifritz. Die Vorkommnisse beträfen den Kern der psychiatrischen Behandlung, die sich nachteilig auf die Patientinnen auswirken könnten. «Es stehen Praktiken zur Diskussion, die ganz klar Standards überschreiten», so Seifritz.

Klinik-Chef stellte Psychiaterinnen ein

Wie kam es dazu, dass Mitglieder der Kirschblüten-Gemeinschaft in einem angesehenen Psychiatriezentrum arbeiten konnten? Der ärztliche Direktor des PZM soll die Psychiaterinnen persönlich eingestellt haben. Dies mit Wissen der Geschäftsleitung und des Verwaltungsrats. Er pflegte laut dem «Beobachter» zudem eine «private Beziehung» zu einer Person in Lüsslingen-Nennigkofen.

Was sagt das Psychiatriezentrum Münsingen selbst zu den Enthüllungen? «Meine Haltung zur Kirschblüten-Gemeinschaft ist dieselbe, wie die des gesamten Psychiatriezentrums – und sie ist glasklar: Wir distanzieren uns vollumfänglich von diesen pseudowissenschaftlichen Therapien, die von der Kirschblüten-Gemeinschaft praktiziert werden», sagt Verwaltungsratspräsident Jean-Marc Lüthi.

Anstellungsverhältnis beendet

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Die drei Personen arbeiten mittlerweile alle nicht mehr im PZM. Verwaltungsratspräsident Lüthi betont zudem: «Die Verbindung wurde bereits bei der Anstellung offengelegt und von uns thematisiert.»

Es wurden klare Vereinbarungen getroffen, an welche sich die Mitarbeitenden halten mussten. «Sobald ein Fehlverhalten aufgetreten wäre, hätte das eine unmittelbare fristlose Kündigung zur Folge gehabt.» Es habe aber kein Fehlverhalten gegeben.

Weniger einfach zu beantworten sei die Frage, ob eine Person, die Teil der Kirschblüten-Gemeinschaft ist, im Psychiatriezentrum arbeiten dürfe, sagt Lüthi weiter: «Einerseits lehnen wir die Ideologie klar ab und dementsprechend müsste die Antwort ‹Nein› sein. Andererseits leben wir eine diskriminierungsfreie Anstellungspraxis. Und dazu kommt, dass es aktuell einen ausgeprägten Fachkräftemangel gibt, der in der Psychiatrie besonders spürbar ist. Das schränkt unsere Rekrutierung jeweils stark ein.»

Kanton prüft Schritte gegen Klinik

Nun beschäftigen sich auch die Kantonsbehörden mit den Vorkommnissen in Münsingen. Laut Gundekar Giebel, Sprecher der Gesundheitsdirektion, ist bereits eine aufsichtsrechtliche Beschwerde eingegangen. Man werde «bei Bedarf weitere Schritte unternehmen», so Giebel.

Weitere Kritik kommt von der Schweizerischen Gesellschaft für Psychiatrie (SGPP). Für sie ist die Kirschblüten-Gemeinschaft eine «gefährliche Bewegung mit totalitärem Anspruch, die Menschen mit Heilsversprechen ködert.» Jegliche ideologische Nähe oder Anhängerschaft sei nicht vereinbar mit den Standesregeln der SGPP. Für Psychiaterinnen und Psychiater, die sich nicht an diese Regeln hielten, gelte eine «Nulltoleranz», heisst es in einer Mitteilung.

Regionaljournal Bern Freiburg Wallis, 17:30 Uhr ; 

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