Die Wände glitzern golden, von der dunklen Decke leuchten sternengleich 3000 LED-Lämpchen hinab auf die Sitzreihen mit bordeauxroten Stühlen. Es ist ein prächtiger Saal geworden nach nur gerade zwei Jahren Bauzeit: 279 Plätze, zehn Meter hoch, unterirdisch angelegt. Kostenpunkt: rund 35 Millionen Franken.
Der Saal biete «einzigartige Akustik», schwärmt Elke Hesse, die massgeblich an den Planungsarbeiten beteiligt war. «Wir konnten hier ein wunderschönes Klangerlebnis für Kammermusik entwickeln», sagt sie. Ein Saal von nationaler Bedeutung soll es werden, zur Eröffnungsfeier am Wochenende sind die Wiener Sängerknaben eingeladen.
Doch so gut der Saal in eine grosse Musikstadt passen würde: Er steht nicht etwa in Wien, Zürich oder Luzern – sondern in Vitznau, einer Zentralschweizer Gemeinde direkt am Vierwaldstättersee, mit gerade einmal 1500 Einwohnerinnen und Einwohnern.
Ein österreichischer Multimillionär baut sich seinen Traum
Hinter dem Projekt steht Peter Pühringer, Investor und Mäzen aus Österreich, schwerreich geworden als Vermögensverwalter in den 1990er-Jahren. Vor gut zehn Jahren hat er in Vitznau bereits das historische «Park Hotel» für 250 Millionen saniert, seither hat der 81-Jährige weiter in Hotels und Luxuswohnungen in der Seegemeinde investiert. Entstanden ist dabei der Hotelkomplex «Das Morgen». Eine Mischung aus Ferienort, Forschungslabor und Weiterbildungscampus – ergänzt nun mit einem Konzertsaal.
Fragt sich aber, ob dieser Saal – bei allen Vorzügen seiner Akustik – tatsächlich genügend Publikum findet. Die Tonhalle in Zürich ist nur gerade 40 Kilometer Luftlinie entfernt, nicht einmal halb so weit ist es nach Luzern mit dem KKL und den erst kürzlich eröffneten Konzertsälen des Luzerner Sinfonieorchesters und der Musikhochschule. Seit 2019 gibt es zudem auch in Andermatt eine Konzerthalle, finanziert vom ägyptischen Investor Samih Sawiris, der dort ein Tourismusresort baut.
Elke Hesse sieht hier kein Problem. «Dieser Saal ist nicht nur für die Kammermusik gebaut, man kann hier sehr gut auch Volksmusik und junge Künstlerinnen und Künstler spielen lassen», sagt die Kulturverantwortliche der Pühringer-Gruppe. Und vor allem: Er sei vielfältig einsetzbar – denkbar seien auch Bankette, Hochzeiten und Seminare.
Dieser Saal ist nicht nur für die Kammermusik gebaut. Hier sind ganz verschiedene Dinge möglich.
Auch Urs Langenegger, Verantwortlicher für die Hotels der Pühringer-Gruppe in Vitznau, streicht die Bedeutung von kommerziellen Veranstaltungen heraus. «Ich bin seit elf Jahren in dieser Gegend tätig und ich habe gesehen, wie die Hotellerie gewachsen ist – und mit ihr auch die Nachfrage nach einem Saal für grössere Veranstaltungen», sagt er.
Nicht zuletzt soll der Saal auch der lokalen Bevölkerung offen stehen, Vereinen oder Musikgesellschaften zum Beispiel. Ob sich diese die Preise leisten können, wird sich allerdings noch zeigen müssen: Die Saalmiete beträgt zwischen 3500 und 5000 Franken, ohne Technik.
«Auch die Rigi-Bahn war ein verrücktes Projekt»
Die Stimmung im Dorf sei dem Saal gegenüber dennoch gut, sagt Paul Zimmermann. Der Architekt war für die Projektleitung zuständig – und stammt selber aus Vitznau. «Ein Weltklasse-Saal für ein Dorf wie unseres, das ist ein absolutes Geschenk», sagt er. Und vergleicht den Saal mit dem Bau der Bergbahn von Vitznau auf die Rigi im 19. Jahrhundert. «Damals hiess es auch, das sei ein verrücktes Projekt. Aber es hat uns viel gebracht.»