Über 1100 Tage ist es stillgestanden – nun kann es wieder angefahren werden. Im Kernkraftwerk Beznau 1 sind 2015 sogenannte Einschlüsse im Reaktordruckbehälter festgestellt worden. Diese Einschlüsse wurden als Rückstände von Aluminiumoxid identifiziert aus dem Giessprozess zur Herstellung des Reaktordruckbehälters in den 1960er-Jahren.
Die Frage stellte sich: Sind diese Einschlüsse gefährlich? Lassen sie den Reaktordruckbehälter schneller altern? «Nein» lautet nun – über 100 technische Berichte von über 40 internationalen Experten später – die Antwort des Ensi. Das Atomkraftwerk erfülle die Sicherheitsanforderungen und dürfe wieder ans Netz.
Zweifel an Test
Die aufwändigen Abklärungen scheinen wasserdicht. Als wohl einziges Einfallstor für die Kritiker erweist sich die Tatsache, dass die Tests nicht am Original-Druckwasserreaktor gemacht werden konnten, sondern an einer identisch nachgebauten Kopie. Diese weise dieselben Eigenschaften auf wie das Original, betonen Ensi und Axpo.
Dazu gebe es keine abschliessende Sicherheit, entgegnet Greenpeace. Schliesslich sei die Kopie nicht wie das Original bereits 40 Jahre radioaktiver Strahlung ausgesetzt gewesen. Im Zweifelsfalle für die Sicherheit, sprich: abschalten lautet deshalb die Forderung. Obschon die wissenschaftlichen Beweise erdrückend scheinen – ein Rest Glaubensfrage bleibt. Und bleiben wird auch die Auseinandersetzung um die Schweizer Atomkraftwerke.
Zurzeit ist vor Bundesverwaltungsgericht eine Beschwerde von Anwohnern des Kernkraftwerks Beznau hängig. Aus deren Sicht müsste Beznau 1 abgeschaltet werden, weil es zu viel Radioaktivität abgeben würde im Falle eines Erdbebens von der Stärke, wie sie statistisch gesehen einmal alle 10'000 Jahre vorkommen. Der nächste AKW-Expertenstreit ist also programmiert. Ruhig wird es um die Schweizer Kernkraft wohl erst, wenn die letzten Kraftwerke vom Netz sind, und das dauert aus heutiger Sicht noch rund 15 Jahre.