- Die Verkehrskommission des Nationalrats will das Alkoholverbot an Raststätten aufheben.
- Der Bundesrat ist einverstanden und beantragt, die entsprechende Motion anzunehmen.
- Die Beratungsstelle für Unfallverhütung und der Fachverband Sucht schlagen Alarm.
Beim Zwischenhalt ein Bier oder einen Grappa zum Kaffee: An Schweizer Autobahnraststätten geht das nicht. Dort darf Alkohol seit über 50 Jahren nicht ausgeschenkt werden. Nun aber soll das Verbot fallen. Nach der Verkehrskommission des Nationalrats (KVF) will auch der Bundesrat Alkohol an Autobahnraststätten zulassen. Die Absicht stösst auf Widerstand.
Wo mehr Möglichkeiten zum Alkoholkonsum sind, wird auch mehr konsumiert. Das ist logisch.
Vor allem bei der Beratungsstelle für Unfallverhütung (bfu). Sie warnt eindringlich vor einem erhöhten Unfallrisiko auf Autobahnen. Dank des Verbots seien diese heute relativ sicher. Sie will Alkoholverbot für Autobahnraststätten beibehalten.
Mehr Ausschankstellen = mehr Alkoholkonsum
Denn bei 13 Prozent aller schweren Autobahnunfälle sei Alkohol im Spiel, schreibt die bfu. Ein Drittel aller Geisterfahrten geschehe wegen Alkohols. Laut bfu belegen Studien auch ganz direkt, dass eine grössere Dichte von Ausschankstellen zu mehr Alkoholkonsum und damit zu mehr Unfällen führt.
Das Ziel ist nicht, dass die Menschen mehr Alkohol trinken, insbesondere die Fahrer nicht.
Regelrecht schockiert vom Entscheid des Bundesrats ist Petra Baumberger, Generalsekretärin des Fachverbandes Sucht: «Es gibt einen sehr gut belegbaren Zusammenhang von schweren Verkehrsunfällen und Alkoholkonsum.» Auch SP-Nationalrat Philipp Hadorn fürchtet Konsequenzen. «Wo mehr Möglichkeiten zum Alkoholkonsum sind, wird auch mehr konsumiert.» Das sei logisch.
Hintergrund zur Motion
- Sicherheitsbedenken hatte auch das Parlament – wenigstens bis vor kurzem. So blieb das seit über 50 Jahren geltende Verbot von Alkohol an Autobahnraststätten bis heute gültig.
- Im letzten April reichte die nationalrätliche Verkehrskommission eine Motion ein mit dem Ziel, das Verbot aufzuheben und den Verkauf und Ausschank von Alkohol zu erlauben.
- Die Abstimmung in der Kommission fiel mit 19 Ja- zu 5 Nein-Stimmen deutlich aus.
- Die Kommissionsmitglieder argumentieren mit der Wettbewerbsfreiheit. Tankstellenshops, welche direkt an einer Autobahnausfahrt lägen, dürften ja auch Alkohol verkaufen.
- Ihnen gegenüber würden Shops und Restaurants an Raststätten stark benachteiligt.
Wahlfreiheit für Beifahrer oder Carreisende
Natalie Rickli, SVP-Politikerin und zuständige Kommissionspräsidentin, sieht das anders. Auch wenn Autobahnraststätten Alkohol verkaufen dürften, ändere sich nichts an den bestehenden Verkehrssicherheitsregeln. «Das Ziel der Motion ist nicht, dass die Menschen mehr Alkohol trinken, insbesondere die Fahrer nicht.» Diese hätten sich weiterhin an die Promillegrenze zu halten.
«Aber den Beifahrern oder auch Gästen von Cars soll es erlaubt sein, Alkohol zu kaufen und zu konsumieren, wenn sie das wollen», sagt Rickli. Die Motion geht nun ans Parlament. Es muss über die Aufhebung des Verbots entscheiden.