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Bilanz Rad-WM in Zürich Filippo Leutenegger: «Die Rad-WM hat zu lange gedauert»

Tourismus, Gewerbe, Verkehr: Die Stadt Zürich zieht Bilanz nach der Rad-WM 2024.

Es hätte ein Radsport-Fest voller Euphorie werden sollen, doch der Tod der jungen Radrennfahrerin Muriel Furrer überschattete die Rad-Weltmeisterschaft in Zürich. Während die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft zum tragischen Unfall noch laufen, zieht Zürich Bilanz nach der Weltmeisterschaft.

Radrennfahrer während eines Rennens zwischen Fraumünster und Grossmünster.
Legende: Am Freitag wurde bekannt, dass die junge Rennfahrerin Muriel Furrer nach ihrem Sturz verstarb. Dennoch wurden die Rennen weitergeführt, nach Absprache mit der Familie. Keystone / Ennio Leanza

Besonders die Gewerbetreibenden im Zürcher Seefeld hatten bereits im Vorfeld die grossen Verkehrseinschränkungen kritisiert. Hörte man sich während der Rennen um, war das Verdikt klar: weniger Kundschaft, weniger Umsatz.

Grosser Teil des Umsatzes fiel weg

Susanna Gasche etwa, die den Schmuckladen «Herzlich» betreibt, musste rund zwei Drittel weniger Umsatz verkraften. Gleich in der Nähe liegt das Traditionsgeschäft «Chäslaube Riesbach» – eine ihrer Haupteinnahmequellen ist das Catering, das wegen der Absperrungen komplett wegfiel.

Schild an einem Geschäfts, dass es geschlossen bleibt während der Rad-WM
Legende: Viele Geschäfte schlossen während der Rad-WM komplett, andere mussten Umsatzrückgänge verbüssen Keystone / Ennio Leanza

Der Schreinerbetrieb «Ernst Wieland» musste faktisch gar Betriebsferien machen respektive einen Teil seiner Belegschaft in die Ferien schicken, weil viel weniger Arbeit anfiel: «Wir wurden eigentlich vor vollendete Tatsachen gestellt», sagt Enrico Wieland, der das Geschäft in fünfter Generation führt.

Ganz dicht gemacht indes hat Olivier Perrin, der ein Lampengeschäft im Seefeld führt. «Es kommt kein Knochen ins Seefeld – wie auch?» Er ist stattdessen ins Tessin in die Ferien gefahren.

«Das Verkehrsregime hat funktioniert»

Box aufklappen Box zuklappen

Die Dienstabteilung Verkehr der Stadt Zürich sei grundsätzlich zufrieden mit den Verkehrsführung während des Grossanlasses, sagt die Sprecherin Nadja Häberli: «Allerdings gab es zwischenzeitlich Stau - und die Verkehrsdienstmitarbeitenden mussten harsche Reaktionen einstecken.» Gerade im Gebiet des Luxushotels Dolder haben sich viele Autofahrerinnen und Autofahrer verfahren. Vor allem solche, die auf eigene Faust einen Weg suchten. Denn die einzige Zufahrt zur Stadt führte über die Forch. Wenig hilfreich war zudem, dass die Routenführung ausgerechnet bei Google-Maps nicht korrekt funktionierte. Dass ein ganzer Stadtteil vom Verkehr abgeschnitten war, habe die Dienstabteilung Verkehr mehr gefordert als jeder bisherige Grossanlass in Zürich, sagt Nadja Häberli. Deshalb freuten sich die Mitarbeitenden nun auf ruhigere Tage.

Zusammenfassend sagt Dominique Zygmont, Geschäftsleiter der City Vereinigung Zürich: «Unsere Bilanz ist negativ. Wir haben Umsatzrückgänge von minus 20 Prozent». Die Gewerbetreibenden im Seefeld hätten auch keinen Vorteil ziehen können aus der unmittelbaren Nähe zum Geschehen: «Vielen Gastronominnen und Gastronomen lief es sehr schlecht, da die Fans nicht bei ihnen Halt machten.»

Kaum Laufkundschaft in der Zürcher Seefeldstrasse an einem verregneten Tag während der Rad-Weltmeisteschaft
Legende: Kaum Laufkundschaft in der Zürcher Seefeldstrasse an einem verregneten Tag während der Rad-Weltmeisteschaft SRF / Peter Schürmann

Zygmont will künftig früher mitreden, welche Anlässe in Zürich im öffentlichen Raum stattfinden sollen und wie das gehandhabt werden soll. Es brauche eine neue Strategie, um die Direktbetroffenen früh mit an den Tisch zu holen.

Ein September wie jeder andere auch

Auch die Zürcher Hotellerie hat nicht sonderlich profitiert vom Grossanlass. «Es gab einzelne Häuser, die grössere Gruppen aufgenommen haben, aber im Grossen und Ganzen war das für uns ein September wie jeder andere auch», sagt Michael Böhler, Präsident des Zürcher Hotellerie Vereins.

Hotelbetreiberinnen und Gastronomen hätten sich mehr auswärtige Gäste gewünscht während der Rad-WM
Legende: Hotelbetreiberinnen und Gastronomen hätten sich mehr auswärtige Gäste gewünscht während der Rad-WM SRF / Peter Schürmann

Die Hotelbetreiberinnen und -betreiber hätten sich mehr erhofft. Böhler zählt nun auf den langfristigen Werbeeffekt der Rad-Weltmeisterschaft: «Wir hoffen, die tollen Bilder, die in die Welt hinausgegangen sind, bringen neue Besucherinnen und Besucher in die Stadt.»

«Ausländische Teams waren hellbegeistert»

Auch der Stadtzürcher Sportvorsteher Filippo Leutenegger (FDP) zieht eine durchzogene Bilanz: «Der Anlass war hervorragend organisiert, aber er dauerte zu lange.» Dass die starken Einschränkungen für neun Tage galten, habe Widerstand provoziert, sagt der Stadtrat. Besonders die Belastung während der Arbeitswoche sei unterschätzt worden. Dennoch gebe es auch Positives: «Gerade die ausländischen Teams waren hellbegeistert von der tadellosen Organisation hier in Zürich.»

Prächtiges Wetter zog am letzten Sonntag der Weltmeisterschaft viel Publikum an die Rennstrecke in Zürich
Legende: Prächtiges Wetter zog am letzten Sonntag der Weltmeisterschaft viel Publikum an die Rennstrecke in Zürich Keystone / Michael Buholzer

Der nächste sportliche Grossanlass steht mit der Frauen-Europameisterschaft im Sommer 2025 bereits vor der Tür. Da seien aber nicht annähernd so viele Einschränkungen geplant, sagt Filippo Leutenegger.

Regionaljournal Zürich Schaffhausen, 30.09.2024, 17:30 Uhr ; 

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