- Die meisten Kühe haben von Natur aus Hörner. Auf naturnahen Bio-Bauernhöfen gibt es deshalb nur Kühe mit Hörnern – denken viele.
- Doch sie denken falsch. Behornte Kühe sind auf Bio-Betrieben zwar erwünscht, aber nicht Vorschrift.
- Die Dachorganisation Bio-Suisse empfiehlt denn auch die Hornkuh-Initiative zur Annahme, hat aber gleichzeitig viele Mitglieder, die auf ihrem Hof hornlose Kühe halten.
Einblick in einen Bio-Bauernhof: Der Lindenhof in Tann im Zürcher Oberland gehört Res Frischknecht. Er ist Bauer in dritter Generation. Sein Vater hat 1973 schon auf biologischen Landbau umgestellt und auch Res ist Knospe-Bauer aus Überzeugung. Alle seine Kühe seien kerngesund, Hörner aber tragen sie keine – und benötigen sie auch nicht: «Sie brauchen Bewegung und Platz. Die Würde der Kuh hängt nicht allein am Horn, sondern zum Beispiel auch an der Haltung.»
Kein Kraftfutter und kein Getreide
Frischknechts Kühe sind tagsüber praktisch immer auf der Weide, sonst im Laufstall. Sie kriegen ausschliesslich Gras und Heu zu fressen, das auf dem Lindenhof gewachsen ist – kein Kraftfutter, kein Getreide.
Auch das habe mit Würde zu tun – oder dass neben den 23 Kühen auch zwei Stiere grasen: «Das ist die andere Seite. Ist das artgerecht, wenn der Besamer kommt und diese Spermadose hinten reinlässt?» Frischknecht sagt, er wehre sich dagegen, dass man die Kuh reduziere.
Ich kann sagen, bei mir haben die Kühe wenigstens noch einen Muni dabei, die erleben noch etwas.
Wären Frischknechts Kühe immer auf der Weide, könnte er ihnen auch die Hörner lassen. «Auf der Weide ist es kein Problem, schwierig wird es im Stall bei engen Platzverhältnissen.» Dort können die schwächeren Tiere den ranghöheren nicht ausweichen. Hornstösse können zu Verletzungen führen – bei Tier und Mensch.
Wie die meisten Kuhhalter in der Schweiz brennt Bio-Bauer Frischknecht deshalb seinen Kälbchen den Hornansatz jeweils kurz nach der Geburt weg.
Das sei unangenehm und natürlich nicht natürlich, gibt Frischknecht zu, doch auch ein Bio-Bauer komme um Kompromisse nicht herum: «Dort wo es Sinn macht, versuche ich Natürlichkeit zu fördern, dann gibt es aber auch Orte, wo man Kompromisse eingehen muss, und das ist bei uns nun bei den Hörnern.»
Mit den Vorschriften von Bio-Suisse kommt Bauer Frischknecht damit nicht in Konflikt. Der Dachverband der Biobetriebe will zwar die Haltung von behornten Kühen und Ziegen fördern – das Enthornen verbieten aber nicht.