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Bio-Bauern auf Wartelisten Abnahmestopp für Biomilch – der Markt droht zusammenzubrechen

Alle Milch-Bauernbetriebe, welche ab diesem Jahr neu nach Bio-Richtlinien produzieren, werden von den Abnehmern auf eine Warteliste gesetzt. Der Grund: Es gibt zu viel Bio-Milch.

Familie Schürchs Bio-Hof liegt in Kirchberg im Berner Mittelland. Nebst einer Kleinbiogasanlage stehen 35 Milchkühe im Stall. Schürchs liefern etwa 180'000 kg Milch jährlich an den Milchverarbeiter Emmi. Nach langen Überlegungen haben Gabi und Beat Schürch im Januar 2018 die Umstellung zur Bio-Produktion in Angriff genommen.

Der höhere Milchpreis sei sicherlich ein positiver Nebeneffekt, aber nicht der Hauptgrund für die Umstellung: «Bio ist eine Einstellungssache, nachhaltig zu produzieren ist uns wichtig.» Bis Schürchs Hof vollumfänglich als Knospe-Betrieb gilt, muss er allerdings eine zweijährige Umstellungsphase durchlaufen.

Biobauern auf Wartelisten

Ende November 2019 dann die grosse Überraschung: Schürchs werden informiert, dass sie ihre Bio-Milch bis Ende 2020 in den konventionellen Kanal abliefern müssen. Dies bedeutet für sie finanzielle Einbussen von 20'000 Franken. Der Grund: Es gibt zu viel Bio-Milch. Per 1. Januar 2020 haben nämlich 155 Betriebe, die Milch produzieren, die Vollknospe erhalten.

Insgesamt kommen so 23'000 Tonnen Milch zusätzlich in den Bio-Kanal. Um diese neuen Mengen abzufedern, haben die Biomilchorganisationen entschieden, Wartelisten bis mindestens Ende Mai einzuführen. Einige Biomilchorganisationen haben ihre Warteliste sogar bis Ende Jahr verlängert.

Gabi Schürchs Reaktion: «Es war absehbar, dass die Milch noch bis im Sommer in den konventionellen Kanal fliessen muss. Als danach der Brief Ende November kam, war dies eine Enttäuschung.»

Bio Suisse: «Wir halten den Preis nicht künstlich hoch»

Der Präsident von Bio Suisse, Urs Brändli, gibt allerdings zu bedenken, dass der Bio-Milchmarkt zusammengebrochen wäre, wenn alle neuen Bio-Milchlieferanten ihre Milch als Bio-Milch vermarktet hätten. Damit der Milchpreis nicht einbricht, haben daher die sechs Biomilchorganisationen beschlossen, schweizweit eine Warteliste für die neuen Bio-Milchproduzenten einzuführen.

Für den Konsumenten hört sich das schwer nach einer künstlichen Hochhaltung des Preises an. Pirmin Furrer, Geschäftsführer der Zentralschweizer Milchproduzenten, verneint dies: «Die Warteliste ist da, damit der Bauer seinen Preis kriegt. Wir halten den Preis nicht künstlich hoch. Der Bio-Konsument ist bereit, einen höheren Preis zu bezahlen.»

Die Produktmanagerin Milch bei Bio Suisse, Katia Schweizer, bestätigt die steigende Nachfrage für Bio-Milch. Allerdings wachse das Angebot schneller als die Nachfrage und daher gäbe es ein Ungleichgewicht.

2018 noch boomte der Markt für Biomilch. Vor allem, weil Coop mit seinem Biolabel Jubiläum feierte und dieses stark bewarb. Deshalb griffen viele Konsumenten zu Biomilch. Danach wichen sie aber wieder vermehrt auf konventionelle Milch aus. Nun stellt sich die Frage: Warum wird der Preis von Bio-Milch nicht einfach angepasst?

Appell an den Konsumenten

Urs Brändli von Bio Suisse erklärt dies folgendermassen: «Es kann nicht das Ziel sein, dass wir mit der Bio-Milch das gleiche Problem kriegen wie die Kollegen mit der konventionellen Milch. Ich stelle fest: Viele müssen die Milchproduktion aufgeben. Die Existenz ist gefährdet, weil das Preisniveau so tief ist.»

Auch Familie Schürch appelliert an den Konsumenten und hofft, dass zukünftig nicht nur Bio gefordert, sondern auch Bio gekauft wird.

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